Yamaha SLG 100 N Silent Guitar - Lautlose Sinnesfreuden

von Hansi Tietgen

Wie heißt es im Volksmund doch so schön: Übung macht den Meister. Bei E-Gitarren im Solidbody-Design kein Problem, schließlich besitzen die Instrumente eine (unverstärkt) sehr dezente Grundlautstärke und lassen sich so -mitbewohnerschonend- zu jeder Tages und Nachtzeit übungstechnisch einsetzen. Dank des innovativen Silent Guitar Konzepts können ab sofort endlich auch Acous-Ticker die Nacht zum Tag machen - und das ohne Gefahr zu laufen intensiveren Kontakt mit den grünen Männchen zu machen, oder gar den dauerhaften Unmut einzelner Familiemitglieder auf sich zu ziehen. Der Musiker-Karriere steht also ab sofort nichts mehr im Weg - fast nichts!

Yamaha bietet zwei Gitarren im Silent Guitar Design an - eine klassische Version mit Nylon-Saiten und -seit der Frankfurter Musik Messe 2003- die stahlbesaitete Variante SLG 100 S. Wir haben uns für den Test der leisen, klassischen SLG 100 N entschieden.

Korpus und Konzept

Lautstärkenreduktion ist bei Gitarren gleichzusetzen mit einer Reduktion des Resonanzraums. Und in dieser Hinsicht hat das Yamaha Team bei der vorliegenden Silent Guitar ganze Arbeit geleistet, besteht die Basis des Gitarren-Korpus doch lediglich aus einem massiven Stück Ahorn - Solid Body Business ist also angesagt. Und das hat sich in Bezug auf das Absenken der Grundlautstärke durchaus gelohnt. Verglichen mit einer normalen klassischen Gitarre produziert die Silent Guitar -rein akustisch gemessen- nämlich nur 1/100 der Klang-Energie und 1/10 der sonst üblichen Lautstärke. Um trotz des außergewöhnlichen Designs ein komfortables Handling garantieren zu können, haben sich die Yamaha Techniker ein ganz besonderes Schmankerl einfallen lassen: Einen stilisierten Korpusrahmen. Seine "traditionelle" Formgebung sorgt beim Spiel für ein typisches "Gitarrenfeel", und - sehr wichtig- ausreichenden Halt im Sitzen und Stehen. Aber das ist noch nicht alles was die smarte Bauweise zu bieten hat. Dank eines speziellen Stecksystems lässt sich der obere Korpus-Rahmen nämlich demontieren. Der Transport der SLGs wird so zu einem echten Kinderspiel. Ein passendes Gig-Bag ist übrigens im Lieferumfang der Gitarre enthalten.

Fixiert wird der Rahmen durch einen praktischen Klemmmechanismus am hinteren Ende und der Unterseite der Korpusbasis.

Die Palisander-Brücke wurde direkt auf die Korpusbasis montiert. Die Stegeinlage besteht aus Kunststoff, die Saitenbefestigung erfolgt im klassischen Stil per "Spezialknoten". Doch man sollte sich vom klassischen Outfit der Bridge nicht täuschen lassen, verbirgt sich in ihrem Inneren doch das Herzstück des SilentGuitar Konzepts- ein hochwertiger L.R. Baggs B-Band Pick-Up. Die passende aktive Elektronik findet in einem Kunststoffgehäuse platz, das von unten in die Korpusbasis eingesetzt wurde. Neben Standard-Regelmöglichkeiten wie Volume, Bass-, und Treble, hält die SLG "Powerstation" einige ziemlich interessante Zusatz-Features bereit. Die Silent Guitars sind nämlich ab Werk mit einem speziell entwickelten DSP Effektprozessor ausgestattet. Der Chip versorgt die Kopfhörer-, und Line-Signale der Gitarre mit hochwertigen Raumsimulationen. Dabei stehen zwei Reverb-Typen zur Verfügung, die sich einfach über einen entsprechenden Schalter auf dem Bedien-Panel anwählen lassen. Zusätzliche Unterstützung finden enthusiastische Über in der sogenannten Play-Along Funktion. Mit Hilfe des AUX IN hat man die Möglichkeit Playbacks von externen Klangquellen wie CD-Playern, oder Tape-Decks "einzuspielen". Ein separater Aux Volumen-Regler erlaubt das Pegeln der Signale und sorgt so für das optimale Verhältnis zwischen Gitarrensound und Play-Back. Das Einspeisen des Signals erfolgt mittels einer Stereo-Miniklinke.

Die Elektronik wird von einer 9V Block-Batterie befeuert, die in einem einfach zu öffnenden Batteriefach auf der Rückseite des "Elektronik-Gehäuses" untergebracht wurde. Mit einer hochwertigen Batterie und bei aktiviertem DSP beträgt die Betriebszeit vcvcvc. Zusätzlich zum Kraftspender Batterie ist auch der Betrieb mit einem entsprechenden Netzteil vorgesehen. Yamaha empfiehlt zu diesem Zweck das AC Netzteil 6F22 (S-006P).

Der Hals

Der Hals der Silent Guitar besteht aus Mahagoni und ist mit einem Palisander-Griffbrett belegt. Die 650mm Mensur wird durch 19 sauber eingesetzte und abgerichtete Bünde "in Tune" gebracht. Design und Halsformat sind, im besten Sinne des Wortes, als klassisch zu bezeichnen. Der Hals liegt sehr gut in der Hand und lässt sich dank einer sehr guten Saitenlage, hervorragend bespielen. Auch die Kopfplatte der nylonbesaiteten SLG kommt im klassischen Outfit. Die verbauten vergoldeten Mechaniken, mit ihren rotbraun durchzogenen Kunststoff-Knöpfen machen optisch richtig was her und arbeiten sehr präzise und stimmstabil. Der Hals setzt am 12.Bund am Korpus an. Die Verarbeitung ist auch hier vorbildlich. Dank des sehr weit eingerückten unteren Korpus-Rahmens, inklusive stilisiertem Cutaway, lassen sich auch die hohen Lagen problemlos beackern. Dot-Inlays auf der Sichtkante markieren die Standard-Lagen V.,VII. und XII.

Die Praxis

Da wir die Gitarre für die PG Gearcheck Audios sowieso aufnehmen mussten, haben wir uns für einen Test in Verbindung mit der Studioabhöre und -natürlich- dem Kopfhörer entschieden. Womit wir beim Thema wären. Schon mit einem einfachen "Headset" und ohne aktivierte Effekte überzeugt die Gitarre mit einer sehr natürlichen,voluminösen Performance. Der L.R. Baggs B-Band Pick-Up macht einen hervorragenden Job und ist problemlos in der Lage auch subtilere Spieldetails perfekt rüberzubringen - ganz egal ob man die Gitarre nun im Fingerstyle, oder mit dem Plektrum bearbeitet. Tatsächlich ist der Sound so gut, dass selbst hartgesottene Freunde der klassischen Literatur (oder Studenten) voll auf ihre Kosten kommen werden und -einmal genossen- die durch das Silent Guitar Konzept bereitgestellte übetechnische Unabhängigkeit sicher nicht mehr missen möchten. Der 2-Band EQ arbeitet effektiv und macht eine Anpassung an den individuellen Geschmack des Users problemlos möglich. Nach der Aktivierung der Reverb Sektion versorgt der integrierte DSP Chip den Sound mit einer natürlich klingenden Räumlichkeit. Die Qualität der Simulation ist sehr gut. Eine Feinjustierung des Effektanteils ist zwar nicht möglich, da aber beide zur Verfügung stehenden Reverbvarianten optimal auf den Sound der SLG abgestimmt wurden, vermisst man diese Option im Kopfhörer-Betrieb nicht . Und bei einem Einsatz im Studio kann man, bei Bedarf, ja auch auf externe Reverb-Lieferanten zurückgreifen - muss aber wie gesagt nicht sein. In den Audios des PG Gear Checks kannst du dich von der Qualität der SLG Sounds überzeugen - hier kommen natürlich ausschließlich die beiden internen Reverbs zum Einsatz. Der positive Eindruck den die Gitarre bereits im Kopfhörer-Betrieb gemacht hat, setzt sich auch bei der Line-Abnahme fort. Die SLG lässt sich problemlos aufnehmen und überzeugt durch einen sehr ausgewogenen Sound. Anpassungen mit einem externen EQ sind im Normalfall nicht nötig. Als praktisches Zusatzfeature hat sich auch die Play-Along Funktion erwiesen. Die Möglichkeit des Einspielens externer Playbacks unterstützt das kreative Üben. Es macht wirklich Spaß über geloopten Jam-Trax zu Improvisieren was das Zeug hält - und da bei Kopfhörer-Betrieb niemand hört worüber man gerade spielt, muss man sich für falsche Töne auch nicht mehr entschuldigen - coole Sache!

Fazit:

Die SLG 100 N ist viel mehr als nur ein praktisches "Übungsgerät". Dank ihrer sehr guten Ausstattung und dem natürlichen Sound des integrierten L.R. Baggs Piezo Pick-Up Systems, überzeugt die Gitarre auf der ganzen Linie- egal ob im Kopfhörer-Betrieb oder Studio-, bzw. Bühneneinsatz. Die Verarbeitung der SLG ist perfekt und auch die Bespielbarkeit lässt keine Wünsche offen. Dank der hervorragenden Saitenlage kommen Fingerstyle-Freaks und jazz-, pop-, und latinorientierte Solisten gleichermaßen auf ihre Kosten. Praktische Zusatzfeatures, wie die beiden Reverb-Presets des integrierten DSP Prozessors, oder die Play-Along Funktion runden das Angebot ab und machen die SLG zu einem autarken, einfach zu transportierenden Traingscenter. Unbedingt antesten!

Specs

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