Vox AD50VT

Digitaler Dreikanaler mit Biss

von Hansi Tietgen

Mit den Modellen AD15VT, AD30VT und AD50VT ergänzt die britische Amp-Schmiede Vox die erfolgreiche Valvetronix-Serie um drei weitere Combo-Amps. Das kompakte Dreigestirn kommt mit neuem Frontdesign und angepasster Ausstattung und ermöglicht einen kostengünstigen Einstieg in die Welt des digitalen Vox Amp-Modelings. Klar, dass wir als Kenner der Serie (schließlich hatten wir bereits zwei Valvetronix-Amps und beide Tonelabs im Schwitzkasten), nicht anders konnten, als uns auch einen der neuen Vöxe zu schnappen und vor das PG Mikrofon zu zerren. Opfer war der AD50VT, der leistungsstärkste der drei aktuellen Combo-Amps.

Das Konzept

Das Outfit des AD50VT steht in der Tradition klassischer Combo-Amps. Sein geschlossene Gehäuse besteht aus robustem MDF, das mit schwarzem, strapazierfähigen Kunstleder bezogen wurde. Für den nötigen Schutz der Ecken sorgen stabile Kunststoff-Protektoren. Anders als bei den "Klassikern" der Valvetronix-Serie haben sich die -Designer beim AD50VT (und beim AD30VT/AD15VT) dazu entschlossen die Front nicht mit dem sonst üblichen Vox- Bespann-Stoff zu verzieren, sondern stattdessen ein widerstandsfähiges Chrom-Blech zu verwenden. Um trotz der massiven Armierung zu gewährleisten, dass die vom integrierten 12" Vox-Speaker (celestionmade) gelieferten Sounds ungehindert ans Ohr des Zuhörers gelangen, wurde das Blech mit rautenförmigen Stanzungen perforiert - ah ja Raute: Dann also doch typisch Vox! Und "voxtypisch" ist auch die Montage des Elektronikchassis, das von oben in das Gehäuse eingehängt und von hinten verschraubt wurde. Aber auch das Panel weckt vertraute Gefühle, entsprechen doch sowohl Design, als auch die verwendeten Chicken-Heads dem Bedienbereich der legendären Urvöxe.

Tech-Details - Die Endstufe

Genau wie seine Serienbrüder kommt auch der AD50VT mit REMS Modeling und der Power einer Valvereactor-Endstufe. Die patentierte Schaltung bildet das Herzstück der Valvetronix Performance und arbeitet mit einer 12AX7 Röhre mit Doppeltrioden, einem virtuellen Ausgangstransformator und -je nach angewähltem Ampmodell- einer Gegenkopplungsschleife. Das so erzeugte Signal entspricht in seinen Klangeigenschaften genau dem, was man auch von einer normalen Röhrenendstufe erwarten würde- eben nur im Miniaturformat. Eine spezielle VariAmp Schaltung pusht die ca. 1 Watt starke Leistung der Mini-Endstufe schließlich auf das gewünschte Niveau. Praktische Nebenwirkung des Konzepts: Mit Hilfe des auf der Amp-Rückseite untergebrachten Power-Level Reglers lässt sich die Leistung des AD50VT stufenlos von 0,15 Watt bis 50 Watt vorpegeln - und das ohne Lastwiderstand So kann man auch Zuhause die begehrte Performance einer am Limit arbeitenden Röhrenendstufe genießen, ohne dabei Gefahr zu laufen es sich gleich mit den Nachbarn, oder gar der Rest-Familie zu verderben. Zusätzlich zu den beschriebenen Endstufen-Features hat Vox dem Verstärker eine Boxenschaltung spendiert, die die Impedanzschwankungen echter Lautsprecher simuliert und in der Folge dabei hilft die für einen dynamischen Sound so wichtige Interaktion zwischen Box und Endstufe nachzustellen. Und das funktioniert so: Der virtuelle Ausgangstransformator der Valve Reactor Endstufe passt sich dynamisch den jeweiligen Impedanz-Werten (Lautsprecherlast) des angeklemmten Speakers an. Dieser reagiert wiederum auf die anliegende Leistung, usw. Das Ergebnis dieser "Kettenreaktion" ist eine sehr natürliche, dynamische Performance im Stil klassischer Röhrenamps.

REMS Modeling

Die Vorstufe des AD50VT, sowie alle Effekte, basieren auf der letzten Ausbaustufe des bewährten REMS Modelings. Das sogenannte Resonant Structure and Electronic Circuit Modeling System wurde von Korg entwickelt und ist eine Klangumformungstechnologie die die Vox Amp-Designer in die Lage versetzt, dass Verhalten und die Eigenschaften der angesagtesten Verstärker der Röhren-Historie absolut authentisch nachzubilden. So bietet der AD50VT insgesamt elf Amp-Modelle, die über den Amp-Typ Regler direkt angewählt werden können (16 beim AD120VTX). Und auch die Effekte des Amps basieren auf der Power der REMS Technologie. Hier stehen insgesamt 11 Effekte/Effektkombinationen zur Verfügung, die schnell und zielorientiert über einen praktischen Drehregler scharf geschaltet werden können. Im Vergleich zu den größeren Brüdern wurde der Umfang des Angebots beim AD50VT leicht reduziert. So sind einzelne Effekttypen nicht mehr separat anwählbar, sondern werden in logischen und praxisorientierten Kombinationen verwaltet.

Trotz des leicht reduzierten Angebots ist die Qualität der Effekte auf dem selben Niveau wie bei den "Großen" - man braucht sich also überhaupt keine Sorgen zu machen, dass man beim AD50VT nicht voll auf seine Kosten kommen würde. Auch in Sachen "Editing" haben die Vox-Tüftler beim neu gestalteten Panel des AD50VT ganze Arbeit geleistet. Tatsächlich ist es ihnen gelungen, ohne eine Flut von Bedienelementen, lediglich durch die geschickte Kombination der Tap-, und Bypass-Taster mit dem Edit-Regler, einen intuitiven Zugriff auf jeweils drei Effektparameter zu gewähren. Bei Einzel-Effekten wie dem Delay lassen sich so zum Bespiel die Parameter Level Delay-Level, Delay-Time und Delay-Feedback anpassen. Bei Effektkombinationen wie Chorus/Reverb ermöglichen die Tastenkombinationen den direkten Zugriff auf das Reverb-Level, die Effektgeschwindigkeit des Chorus und seinen Anteil im Mix. Die, für die einzelnen Effekte/Effektkombinationen bereitgestellten Editiermöglichkeiten haben sich in der Praxis bewährt und so hatten wir während des Tests keinerlei Probleme alle gewünschten Soundvorstellungen in die Tat umzusetzen.

Auch das "Gedächtnis" des Amps wurde an die veränderte Struktur angepasst . Anders als z.B. beim AD120, der über 8 Bänke mit je 4 Presets verfügt, hat man sich beim AD50VT dazu entschlossen, die einzelnen Amp-Modelle von Werk ab mit speziell auf den jeweiligen Sound abgestimmten EQ-, und Effekt-Settings kombiniert anzubieten. Im sogenannten Preset-Modus stehen also 11 fest programmierte Komplettsounds zur Verfügung, die durch das bloße Anwählen der einzelnen Amp-Modelle automatisch geladen werden. Doch natürlich hat man auch die Möglichkeit diese Settings an persönliche Vorlieben anzupassen - nur speichern lassen sich diese Änderungen nicht. Zumindest nicht direkt unter dem jeweiligen Amp-Modell. Stattdessen stehen für die Archivierung eigener Sounds zwei separat anwählbare Speicherplätze zur Verfügung (Ch1 und Ch2). Hier kann man seine Lieblingssounds für die Ewigkeit konservieren. Genau genommen bietet der AD50VT im Live-Betrieb also drei Kanäle, die sich über den angeschlossenen Fußschalter VFS2 (optional erhältlich) fern bedienen lassen. Wie? Na ganz einfach. Zunächst speichert man zwei separate Sounds auf den User-Speicherplätzen CH1 und Ch2. Jetzt schaltet man den Amp in den Manual-Modus. Hier arbeitet der AD50VT wie ein ganz normaler Verstärker, alle Regler "initiieren" also genau das, was sie gerade anzeigen. Nachdem man den gewünschten Sound eingestellt hat, ist die Sache erledigt. Da sich, neben den Kanälen CH1 und CH2, auf Wunsch auch der Manual-Mode mit dem Fußschalter aufrufen lässt, hat man "On Stage" per Fußschalter direkten Zugriff auf drei vollkommen separate, frei programmierbare Amp-Sounds (siehe auch "Praxis"). Und das reicht erfahrungsgemäß vollkommen aus, um in allen Stilistiken bestehen zu können.

Die Praxis

Der Test des Amps fand in Verbindung mit einer Music Man Axis SuperSport statt. Abgenommen wurde der Verstärker mit einem Sure SM57 Mikrofon. Zunächst wollen wir uns mit einigen der elf Preset-Sounds des AD50VT beschäftigen. Schon nach dem ersten kurzen Durchhören ist klar, dass bei der Programmierung der Sounds Leute am Start waren, die ihr Handwerk verstehen. Tatsächlich gibt es keinen Sound, der nicht richtig gut "funktionieren" würde. Klar, Effekte sind immer auch Geschmacksache. Tatsache ist aber, dass die gewählten EQ Settings, optimal zum jeweils verknüpften Amp-Typ passen und so bilden die elf Presets die ideale Basis für eigene Experimente. Und dank der Bypass-Funktion kann man sich ganz einfach davon überzeugen, bietet sie doch die Möglichkeit die komplette Effekt-Sektion per Knopfdruck aus dem Signalweg zu nehmen und so die elf Amp-Modelle (inklusive Preset EQ-,und Gain-Settings) pur und "unverfälscht" erleben zu können. Und das Ergebnis überzeugt: Genau wie bei den bisher von uns getesteten Valvetronix-Amps, bestechen auch die Amp-Modelle des AD50VT durch ihre Authentizität und Dynamik. Und das gilt durch die Bank für alle angebotenen Simulationen, egal ob es sich um Amps handelt deren Spezialgebiet eher die Clean-Sounds sind, oder um moderne HiGain Monster. Dank der bewährten REMS Technologie und der Valve Reactor Schaltung besitzen die Amp-Sounds alle Vorzüge des jeweils gemodelten Originals und überzeugen mit einer Dynamik und Energie, die man sonst nur "echten" Röhrenamps zuschreiben würde. Ein weiteres Highlight sind die Crunch-Sounds. Bei vollaufgerissenem Amp geht richtig die Post ab und jede Wette: Bei einem Blindtest würden selbst Kenner der Szene niemals auf die Idee kommen, dass in der Brust des AD50VT ein digitales Herz schlägt. Aber auch in Sachen Durchsetzungsfähigkeit muss man sich keine Gedanken machen. Alle Sounds sind laut genug, um in jeder musikalischen Situation bestehen zu können - und das gilt uneingeschränkt auch für krasse HiGain und "Scoop- Sounds" mit ausgehöhlten Mitten und massiven Bässen und Höhen. Doch wie sieht es mit sahnigen Lead-Sounds aus, einer Disziplin der verwöhnte Solisten bei Digital-Amps oft einen gewissen Argwohn entgegenbringen. Beim AD50VT gibt es auf jeden Fall keinen Grund zur Skepsis. Man wird wirklich hervorragend bedient. In den vier Amp-Models UK80´s, UK Modern, NuMetal und US HiGiáin ist für jeden Geschmack und "Zerranspruch" der richtige Sound dabei. Das Spielgefühl und die Dynamik die die einzelnen Amp-Typen bereithalten ist verblüffend authentisch und so kommen Freunde rauerer britischer Leads genauso auf ihre Kosten, wie Anhänger sahnig, smoother US-Leadsounds. Die Abbildung von Spieldetails ist sehr direkt und auch der Grundsound des jeweils verwendeten Pick-Ups wird sehr natürlich widergegeben - von der viel beschriehenen "Gleichmachertendenz" digitaler Amps keine Spur!

Mehr Soundbeispiele

Anhand dieses, mit dem UK70s Sounds eingespielten Audios, kannst du dir ein Bild von der Dynamik und Natürlichkeit der vom AD50VT gelieferten Crunch-Sounds machen. Download...

Auch durch eine auf Drop C heruntergestimmte Gitarre lässt sich das NuMetal-Model des AD50 VT nicht aus der Ruhe bringen. Download...

Kommen wir zur Effektsektion. Sowohl die Qualität, als auch die Auswahl und das Handling der Effekte ist sehr gut. Alle gängigen Soundvorstellungen lassen sich problemlos realisieren. Einstellarbeiten sind im Handumdrehen erledigen und so kann man sich schnell um das kümmern, was eigentlich interessiert: Das Gitarrespielen. Dabei kann man dem Amp, trotz der abgespeckten Speichermöglichkeiten absolute Livetauglichkeit attestieren. Dank der eben schon beschriebenen Möglichkeit per Fußschalter Zugriff auf drei Kanäle zu haben, die alle Settings speichern, wird man On Stage und im Proberaum professionell bedient. Okay, natürlich speichert der Manual-Mode den eingestellten Sound nicht wirklich. Dank seiner What You See Is What You Get Struktur steht der einmal gefundenen Sound aber auch nach einem Umschalten auf die User-Speicher 1 und 2 wieder eins zu eins zur Verfügung, sobald man in den Mode zurück schaltet. Und da die Effekteinstellungen gepuffert werden, vergisst der Amp diese Sounds auch nach dem Ausschalten nicht. Wenn man jetzt noch beim Transport darauf achtet, dass sich die Amp-Regler nicht verstellen, kann man nach dem erneuten Einschalten des Amps sofort mit dem im Manual-Mode gefundenen Sound weiterarbeiten.

Fazit

Der AD50VT ermöglicht den kostengünstigen Einstieg in die Welt des digitalen Amp-Modelings. Dank der bewährten Technik der Valvetronix Serie, inklusive REMS Modeling und Valve-Reactor Endstufe, überzeugt der Verstärker mit sehr authentischen Simulationen der angesagtesten Röhrenverstärker aller Zeiten. Die gelieferten Sounds bestechen durch ihre Dynamik und ein extrem natürliches Spielgefühl und werden selbst eingeschworene Röhren-Fetischisten ins Grübeln bringen . Auch das Durchsetzungsvermögend der 50Watt starken Endstufe kann sich sehen lassen und steht dem von "konventionellen" Amps dieser Leistungskategorie in nichts nach. Drei voll programmierbare und per Fußschalter anwählbare Kanäle und eine praxisorientiert ausgestattete digitale Effektsektion runden die Ausstattung ab und sorgen dafür, dass der AD50VT in jeder musikalischen Situation einen erstklassigen Job abliefern kann. Gitarristen, die einen sehr gut klingenden, stilistisch extrem flexiblen Amp suchen, der in allen Funktionen und Ausstattungsdetails auf den Punkt gebracht wurde und nicht gleich das Jahres-Budget sprengt, sollten den AD50VT auf jeden Fall einmal genauer unter die Lupe nehmen - und das gilt durchaus auch für anspruchvollere Zeitgenossen.

Specs

  • Hersteller: Vox
  • Typ: DIgitaler Gitarrencomboverstärker
  • Ausgangsleistung: 50 Watt RMS@ 8 Ohm
  • Signalverarbeitung: A/D Wandlung = 24bit, D/A Wandlung = 20bit, Sampling Frequenz: 44,1 kHz
  • Ampmodelle: 11
  • Effekte: 11
  • Programmspeicher: 11x Preset, 2x Anwender
  • Eingänge: 1x Input, 1x Footcontroller
  • Ausgänge: 1x Line Out, 1x External Speaker Out
  • Regler: Amp-Type, Gain, Volume, Treble, Middle,Bass, Effects, Master, Edit 1
  • Schalter: Preset, Manual, Channel/Programm, Write, Tap, Bypass, Netzschalter
  • Abmessungen: 578 x 265 x 485 (mm B/H/T)
  • Gewicht: 20 kg
  • Preis: € 463,- (uvp)
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