Innovativ - OVATIONS Adamas CVT OV-W597

ein Test von Bernd Strohm

Für die Bands in den 60er Jahren war die Verstärkung der Akustikgitarre auf der Bühne mit immer wiederkehrenden Problemen verbunden. Mikrophone ließen dem Spieler kaum Bewegungsfreiheit und E-Gitarren-Pickups gaben den Klang des Instruments nur unbefriedigend wieder. Charles Kaman, Flugzeugingenieur und Gitarrist, gründete 1966 die Ovation Company. Ende der 60er Jahre brachte seine Firma eine Neuerung auf den Markt: die Elektro-Akustikgitarre. Seine Lösung für die Verstärkung von Akustikgitarren hat sich seither als sehr erfolgreich erwiesen, obwohl viele Gitarristen behaupten, der verstärkte Sound der Elektro-Akustikgitarren würde den Klang einer Akustikgitarre nicht exakt reproduzieren.

Die Adamas I wurde von 1976 bis 1997 hergestellt. Anfang der 80er Jahre brachte Ovation mit der Adamas II eine günstigere Modellreihe auf den Markt, deren Produktion allerdings ebenfalls im Jahre 1997 auslief. Mit den Adamas CVT-Modelle knüpft Ovation jetzt an die Erfolgsstory der legendären Serie an .

Der Korpus

Ovation ist vollkommen unvoreingenommen, wenn es darum geht, neue Technologien für den Instrumentenbau zu untersuchen. Manch einer spricht heute noch gerne abfällig von einer "Plastikgitarre", wenn es um Ovation geht. Der sogenannte Lyrachord Korpus besteht aber nicht aus Plastik, sondern aus einem Verbundstoff, der überwiegend aus natürlichen Materialien besteht und eine Fieberglas ähnliche Struktur aufweist. Mit dem mitteltiefem Roundback (Mid Depth Bowl) kann sich die Adamas CVT auch ohne zusätzliche Verstärkung mit dem integrierten Tonabnehmersystem hören lassen und unterscheidet sich dadurch auffällig von den Flachschalenmodellen.

Der rund geschwungene Cutaway ermöglicht es auch dem Sologitarrist in den höchsten Tönen zu brillieren. Selbst die höchste Lage kann man dabei noch bequem erreichen. Für die Schwingungs- und Klangentfaltung der Gitarre ist die Decke der wichtigste Teil des Korpus. Ovation hat die Adamas CVT mit einer extrem dünnen (0,82 mm) und dadurch auch sehr leicht und schnell reagierenden Decke ausgestattet. Die sogenannte Fibronic-Decke besteht aus einem 0,36 mm starken Pappelholzfurnierkern in der Mitte und je einer 0,23 mm starken Carbon-Lage auf jeder Seite, die bei über 120 Grad Celsius zusammengepreßt werden. Die Carbon-Fasern laufen parallel zum Hals, während die des Birkenkerns im Winkel von 60 Grad liegen. Die Decke soll dadurch noch mehr Stabilität erhalten.

Zur Befestigung der Decke hat sich Ovation wieder ein neues Prinzip einfallen lassen. Bei herkömmlichen Instrumenten werden Decke und Zargen mit hölzernen Reifchen verleimt. Die Reifchen verbinden die Decke zwar stabil, können aber gleichzeitig auch bewirken, das im Randbereich der Decke alle Schwingungen unterdrückt werden. Bei der Adamas CVT wurde ein flexibler Ring eingesetzt, der mit der Fieberglasschale und der Decke verbunden wird. Im Gegensatz zur herkömmlichen Methode läßt dieses Prinzip die Decke frei schwingen - und das selbst an den Kanten. Dieser Ring stellt auch gleichzeitig das Binding dar, dass die Decke vollständig umgibt.

Das besonders markante und ungewöhnliche Multiple Soundhole Design ist ein typisches Merkmal der Adamas. Die 15 kleinen Schallöcher (11 + 4) wurden genau berechnet. Zusammen ergeben sie die Fläche eines normalen Schallochs, ihre Größe und Positionierung bestimmen die Austrittsfrequenzen - kleine für die Höhen, große für die Tiefen. Der Klang einer akustischen Gitarre wird durch die Übertragung der Saitenschwingung vom Steg auf die Gitarrendecke erzeugt. Die Verlegung vieler kleiner Schallöcher zum oberen Zargen hin lag darin begründet, dass ein normales Schalloch im Grunde an einer für die Deckenschwingung sehr ungünstigen Stelle liegt. Die Decke kann nämlich sehr wohl in diesem Bereich noch gut schwingen, wenn man sie läßt. Die so zusätzlich gewonnene Deckenfläche sowie die Tatsache, daß ein normales Schalloch auch eine gewisse Instabilität der Decke bewirkt, was nur durch Querverstrebungen in den Griff zu bekommen ist, waren die wesentlichen Voraussetzungen für ein neues Beleistungskonzept, dem sogenannten Quintad-Bracing (s.u.).

Der tiefbraune Steg wurde aus einem Stück Ebenholz angefertigt und ist auf der Rückseite elegant verundet. Die Saiten werden von hinten ohne Pins eingefädelt und laufen dann über den eigelegten Steg, der einen sehr soliden Eindruck macht. Die sehr robuste Stegeinlage wurde zweifach befeilt, um die Stimmstabitität zu erhöhen.

Hals und Griffbrett

Der Hals mit seinem leichten V-Shaping, läßt ein angenehmes Spielgefühl entstehen. Die Halskrümmung läßt sich anhand des eingelegten Stahlstab justieren. Der passende Halsschlüssel gehört zum Lieferumfang und liegt griffbereit montiert an der Seite des Zubehörfachs des Koffers bereit. Den Zugang zur Schraubvorrichtung kann man sich verschaffen, wenn man einen kreisrunden Schraubverschluß, der sich in der Mitte der Fieberglasschale befindet, beseitigt. Die Schraube in der Mitte kann auch ohne Werkzeug z.B. mit dem Plekrum oder mit einer Münze, leicht geöffnet werden. Die Öffnung hat einen Durchmesser von 11 cm und ermöglicht außerdem einen aufschlussreichen Einblick ins Innenleben der Gitarre.

Für den schlanken Hals wurde gediegenes Mahagoni verwendet. Er ist 5-teilig und wird mit einem eingelegten weiß-schwarz-weißen Mittelstreifen aus Ahorn verziert, der sich vom Halsfuß bis zur Kopfplatte erstreckt. Der Halsansatz der Adamas befindet sich am 14. Bund. Hier hat das Griffbrett eine Breite von 5,4 cm. Das Griffbrett besteht aus feinstem Ebenholz, wird aber nicht mit Binding umfaßt. Die 22 Bünde sind handschmeichelnd an den Griffbrettkanten verrundet und perfekt abgrichtet. Die oberen 5 Bünde sind aufgrund der spitz zulaufenden Form des Griffbretts auf der Decke nicht mehr vollständig ausgeführt worden. Auf jeden Fall eine Augenweide. Im oberen Bund kann man dann allerdings nur noch auf der dünnen E- und B-Saite spielen. In der Spielpraxis sollten dadurch eigentlich keine Probleme auftreten. Auf der Sichtkante befinden sich, zur Orientierung beim Lagenwechsel, kleine Dots im 3., 5., 7., 12., 15. und 17. Bund. Auf der Oberseite des Griffbretts hat man bewußt auf weitere Verzierungen oder Markierungen verzichtet. Am Ende des Griffbretts laufen die Saiten dann über einen sorgfältig gearbeiteten Sattel. Das Griffbrett misst an dieser Stelle eine Breite von 4,3 cm.

Head

Die Adamas CVT wird mit goldenen geschlossenen Mechaniken von Schaller ausgestattet. Sie arbeiten butterweich, kontinuierlich und stimmstabil. Auf jeder Seite des Kopfes befinden sich, unsymetrisch montiert, jeweils drei Wirbel. Selten hat das Stimmen so viel Spaß gemacht. Die geschlossene hochglänzend schwarz lackierte Kopfplatte hat die altbekannte Form und trägt mit goldenen Buchstaben die Aufschrift Adamas. Schlicht - aber grafisch sehr eindrucksvoll gemacht.

Innenleben

Die Deckenbeleistung wurde speziell an die Schwingungseigenschaften der Decke angepaßt. Dabei handelt es sich um ein Fächersystem, das sich vom Hals in Richtung Steg ausbreitet. Diese fächerartige Beleistung der Decke kommt gänzlich ohne die sonst zur Stabilität erforderlichen Querverstrebungen aus, da die geschlossene Decke genügend Stabilität besitzt.

Saiten

In der Normalstimmung fordert die Bespannung den Spieler bis aufs Äußerste heraus.Die Gitarre wurde mit einem Adamas Phosphor Bronze Satz OS 1818 (.012 - .053) bespannt. Ein etwas leichterer Satz könnte das Spielvergnügen weiter steigern.

Elektronik

Die von Ovation entwickelten und heute von vielen Herstellern verwendeten Pickups bezeichnet man als Transducer. Transducer bedeutet Umwandler, eine Vorrichtung also, mit der Energie umgewandelt wird. Elektro-Akustikgitarren sind mit piezoelektrischen Pickups ausgestattet, deren Kristalle unter mechanischer Belastung Energie erzeugen. Ovation setzt zwischen Steg und Saiten sechs Kristallelemente, die von oben die Vibration der Saiten aufnehmen und von unten die Vibration der Gitarrendecke. Der kleine Preamp im Korpus gibt die Signale an den Ausgang für Verstärker oder Aufnahmegerät weiter. Im Gegensatz zu Magnetspulen, die ausschließlich auf die durch die Vibration der Stahlsaiten erzeugten Veränderungen in ihrem Magnetfeld reagieren, spürt der piezoelektrische Pickups auch mechanische Bewegungen und kann dadurch über den Verstärker einen Klang mit mehr "akustischem" Charakter produzieren.

Der Preamp (Optima) wurde mit einem aktiven 4 Band EQ ausgestattet, der mit einem Taster auch deaktiviert werden kann. Der eingebaute Notch Filter ist ein spezieller EQ mit dem man einen extrem dünnen und tiefen Schnitt in den vorher definierten Frequenzverlauf einbauen kann. Mit dem Notch Filter können störende Frequenzen (z.B. Feedback, Brummschleifen) teilweise oder vollständig eleminiert werden. Der Preamp verfügt außerdem über ein eingebautes autochromatisches Stimmgerät und wir von einer 9V Batterie gespeist. Das Batteriefach ist von außen zugänglich. Die Konstruktion der Schublade garantiert, dass die Batterie immer mit der richtigen Polarität eingelegt wird. Sehr angenehm im Bühnenbetrieb. Über den zusätzlich angebrachten XLR- Ausgang lassen sich Signale selbst bei längsten Kabelwegen symetriert und somit ohne lästige Nebengeräsche und Eistreuungen übertragen. (Außerdem spart man die DI-Box)

Klang und Spielpraxis

Die Elektronik mit dem Tru-Balance und dem Optima gehört zweifellos zur absoluten Oberklasse. Mit dem EQ kann man sich unproblematisch in den Bandsound integrieren. Nirgends gibt es Übertreibungen im Frequenzstrektrum. Kompakte oder dezente Bässe, klare bauchige Mitten, zurückhaltende oder betonte Höhen. Demgegenüber steht ein klarer, offener Ton und ein besonders langes und gleichmäßiges Sustain. Die anhaltende "Rennerei" zum Mixer oder zum Amp und zurück entfällt nun auch gänzlich. Gereglt und kontrolliert wird simultan. Aber auch als reine Akustikgitarre kann die Adamas durchaus konkurieren. Für die Studioaufnahme darf man ohne Bedenken auch noch die Mikrofone aufbauen lassen und die Signale mischen. Sie ergänzen sich gut.

Fazit

Die Adamas CVT ist eine Akustikgitarre, die schon mit ihrem Design einen ausgezeichneten optischen Eindruck hinterlässt. Es macht Spaß, dieses Instrument in die Hand zu nehmen und noch vor den ersten Tönen die gelungene Gestaltung zu würdigen. Sie eignet sich für Finger- und Flatpicker gleichermaßen und sollte sich vor allem im Zusammenspiel mit kleineren und größeren Besetzungen bewähren. Stilistische Einschränkungen können dabei nicht gemacht werden. Eine einfache Songbegleitung im "Fingerstyle" oder mit dem Plektrum bereitet dem Spieler genauso viel Vergnügen, wie die kraftvolle Riffbegleitung, filigraner Jazzprogressionen oder das Spiel rasanter Single-Note-Linien.

Technische Daten:

Hersteller: Ovation, Connecticut, USA
Modell: Adamas CVT OV-W597
Decke: Carbon-Graphit beschichtetes Pappelholzfurnier
Korpus: Mid Depth Bowl mit Cutaway
Hals und Kopf: Ahorn/Mahagoni
Griffbrett: Ebenholz
Bünde: 22
Pick-up: Tru-Balance
Preamp: Optima
Steg: Ebenholz
Mechaniken: vergoldete Schaller (geschlossen)
Mensur: 64 cm
Preis: DM 5.130.- unv. Preisempf. inklusive Luxuskoffer
Link zum Hersteller: Ovation in Deutschland

 

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