Im Vordergrund der Überlegungen des Music Man "R&D-Teams" (Research & Development) standen zwei Faktoren: innovatives Design & bahnbrechender Sound. Für das Design holte sich Sterling Ball eigens die Unterstützung eines BMW Designer-Teams, das ein wirklich radikales, neues Bodyshaping entwickeln sollte. Erfahrungsgemäß geschehen wundersame Dinge, wenn man Designern freie Hand lässt und so ist es auch kaum überraschend, dass als Zwischenresultat ein Instrument herauskam, das in der Tat radikal aussah, wegen seiner Kopflastigkeit aber kaum spielbar war. Um diese wesentlichen Komponenten der Useabiltity in den Griff zu bekommen, holte man sich einen Berater ins Haus, wie er kompetenter nicht sein könnte: Kein geringerer als Dave La Rue (u.a. Steve Morse Band) persönlich sollte dafür sorgen, dass aus dem designtechnischen Glanzstück auch ein innovatives Instrument wird. Nach monatelanger Forschungsarbeit in den "Music Man Labors", war es dann soweit: die Endversion des neuen Music Man BONGO hatte Marktreife erlangt.
Design und Konzept
"Wow, was ist das denn für ein Teil?!" So lautet ziemlich einhellig der Kommentar, wenn man den Bongo Bass aus dem Koffer "schält". Der hier getestete Bongo kommt in einer rennwagentauglichen Formel-1 Gold-Metallic-Lackierung daher und ist mit zwei Pick-Ups bestückt. In der Bridgeposition wurde ein Humbucker verbaut, in der Halsposition ein Single Coil. Wahlweise kann man den Bongo allerdings auch in der Bestückung H/H, mit einem Humbucker in der Halsposition bekommen. Außerdem ist ein optionales Piezo-System erhältlich. Die Korpusform gleicht in der unteren Hälfte einem leicht asymmetrischen Oval, bzw. Tropfen. Ein prägendes Element ist das Cutaway-Design des Bongos. Während der obere stark ausgeprägt ist, wurde der untere mehr oder weniger nur angedeutet. Beide Cutaways sind an den Spitzen sehr scharf abgeschnitten, so dass an deren Enden eine kleine Grenzfläche entsteht.
Ein weiterer Hingucker des Bongos ist die Kopfplatte, die eine angedeutete Kopie der Korpusform darstellt und sämtliche Designlinien der Cutaways konsequent weiterführt. Die Kopfplatte verjüngt sich zur unteren Hälfte sehr elegant , ein Merkmal, dass für eine entsprechende Gewichtsersparnis und ein sehr edles und futuristisches Erscheinungsbild sorgt. Witzigerweise hat man es trotz aller Radikalität geschafft, immer noch Grundzüge gewisser Sting Ray Charakteristika durchschimmern zu lassen. Allem voran wäre da die Mechanikanordnung zu nennen, bei der die G-Saitenmechanik als einzige nach unten ragt. Gleichfalls zitiert das ovale Pick-Guard ein wichtiges Grunddesignelement des Sting Rays. Auch die Bridgekonstruktion und der hintere Humbucker erinnern rein optisch durchaus an den erfolgreichen Ahnenherren.
Unter dem Strich mischt der Bongo also radikale Optik mit einigen bewährten "Ankern", die es auch hartgesottenen Traditionalisten erleichtern werden, in die neue Bassmaterie einzutauchen - und genau das wollen wir nun tun.
Der Hals
Der erste definitive Unterschied zum Sting Ray ist die Form des Halses. Unerwartet schlank und sensationell komfortabel kommt er daher. Der erste gefühlte Eindruck ist daher eher mit "filigran" als "robust" zu beschreiben. Der Hals ist zwar ebenfalls mit einer Gold-Metallic-Lackierung versehen, allerdings kam hier ein spezieller Mattlack zum Einsatz, der ein sehr natürliches Spielgefühl erzeugt - fast so, als wäre der Hals unbehandelt. Man fühlt das pure Holz - in der Designersprache "ein haptisches Erlebnis". Der Ahorn-Hals ist mit einer asymmetrischen Fünfpunktbefestigung im Korpus verankert. Das Griffbrett besteht aus Rosenholz (Palisander). Die Inlays wurden sichelförmig an den üblichen Stellen eingelegt. Die 24 Bünde sind relativ schmal, hoch und rund, was der Bespielbarkeit und Intonation zugute kommt. Apropos, der Bongo ist einer der wenigen MusicMan Bässe, die mit einem 24 bündigen Hals ausgestattet sind- Solisten wird´s freuen!
Um eine perfekte Intonation bereitstellen zu können, hat man sich beim Bongo Bass bezüglich der Sattelkonstruktion etwas ganz besonderes einfallen lassen. Denn gerade in dieser Hinsicht haben Gitarren und Bässe konstruktionsbedingt bekanntermaßen so ihre Schwächen. Und die machen sich bei Bässen besonders während des Akkordspiels in Verbindung mit Leersaiten bemerkbar. Selbst bei exakt eingestellter Oktavreinheit der Stegreiterchen klingen "open Chords" nie richtig rein und harmonisch. Aus diesem Grunde hat man beim Bongo Bass die Mensurlänge für jede Leersaite neu berechnet und minimal verändert. Das Ergebnis ist der sogenannte Music Man "Compensated Nut", ein Sattel, der das beschriebene Intonationsproblem kompensieren kann. Justiert wird die Bundreinheit beim Bongo daher nicht wie gewohnt am 12., sondern am 19. Bund der jeweiligen Saite (dem Oberton der jeweiligen Quinte). Das Aha-Erlebnis begreift man eigentlich erst, wenn man gespielte Akkorde auf dem Bongo direkt mit einem Bass mit normalem Sattel vergleicht. Der Unterschied ist tatsächlich hörbar und geradezu überwältigend.
Bei dem Soundbeispiel hört man zuerst eine Akkordabfolge, gespielt auf einem perfekt eingestellten und gestimmten Jazz-Bass. Danach spiele ich die gleiche Akkordfolge auf dem Bongo. Der Unterschied in der Reinheit des Akkordklanges ist deutlich wahrnehmbar.
An der Kopfplatte prangen fünf leichtgängige und präzise arbeitende, offene Mechaniken. Der obligatorische Saitenniederhalter dient (auch dies typisch Music Man) der Erhöhung des Sattelandrucks der A- und D-Saite.
Die Stahlstab ist über das Halsende am Übergang zum Korpus zugänglich. Als Stellschraube verwendete Music Man jedoch nicht mehr das übliche Inbusschraubenformat. Praktischerweise lässt sich die Halskrümmung bei allen neuen Music Man Instrumenten über eine Art Lochscheibe einstellen, wobei man zum Drehen der Scheibe jeden kleinen Schraubenzieher, Inbusschlüssel oder Ähnliches verwenden kann. Somit hat sich endlich das Thema erledigt, immer einen passenden Stellschlüssel dabei haben zu müssen.
Korpus/Hardware
Der Korpus besteht aus Lindenholz, ein Material, das in der Szene auch unter dem Namen Basswood bekannt ist und den Bass erfreulich leicht macht. Wie alles am Bongo ,wirkt auch der Korpus ergonomisch und schlank. Der Bass lässt sich im Sitzen wie im Stehen gleichermaßen gut spielen. Zwar besteht, wie bei nahezu allen Bässen mit Headstock , ein leichter Hang zur Kopflastigkeit .Dank des speziellen Kopfplatte-Designs ist diese aber absolut im Rahmen des Vertretbaren. Als Bridge kommt eine Standard MusicMan Bridge zum Einsatz, wie man sie auch von den Sting Ray Bässen her kennt. Tonabnehmerfräsungen und Kabelkanäle werden von einem perlmuttfarbenen Pick-Guard verdeckt.
Tonabnehmer/Elektronik
Der von uns getestete Bongo ist mit einem Humbucker in der Bridgeposition und einen Single-Coil in der Halsposition ausgestattet (alternativ ist der Bongo auch mit zwei Humbuckern oder einem einzelnen Humbucker erhältlich). Der speziell für den Bass entwickelte Humbucker erinnert zwar optisch an den bekannten Sting Ray Pick-Up, der Sound unterscheidet sich jedoch deutlich davon. Der ebenfalls von Music Man konzipierte Single Coil in der Halsposition wirkt durch seine überdimensionalen Polepieces sehr kräftig. Beide Tonabnehmer sind höhenverstellbar, der Humbucker zusätzlich auch in seiner Neigung einstellbar. Interessant ist ein kaum wahrnehmbares Detailfeature. Beide Tonabnehmerkappen wurden an den Enden abgeschrägt, und stellen so einen sehr komfortablen Daumenaufsatzpunkt für die Zupfhand dar. Das wiederum kommt dem Spielverhalten vieler Bassisten entgegen, die die Tonabnehmer sehr gerne als Stützanker, bzw. Daumenstütze nutzen.
Die Elektronik des Bongos besteht aus einer 4-Band Klangregelung mit den Frequenzregelbereichen Bass, Low Mid, High Mid und Presence. Als "Regelinstanzen" kommen zwei sogenannte "Stack-Potis" zum Einsatz, die über ein Center- und ein Ring-Poti jeweils eine Doppelfunktion bereitstellen.
Die Tonabnehmer sind per Balanceregler stufenlos überblendbar. Die Lautstärkeregulierung erfolgt über ein separates Poti. Das Elektronikfach wirkt sehr sauber und aufgeräumt. Auffallend ist ein Trimpoti, mit dessen Hilfe sich der "Silent Circuit" für den Single Coil Tonabnehmer justieren lässt. Hinter dem Feature verbirgt sich eine Silencer-Spule, die vermeidet, dass der Single Coil Tonabnehmer Einstreusignale aus umliegenden Neonleuchten, Trafos, Bildröhren etc. übermäßig verstärkt - ein Phänomen, dass jedem Single-Coil Besitzer sicher bekannt sein dürfte. Da der Bongo über eine extrem wirkungsvolle Klangregelung verfügt, die auch extreme Höhen liefern kann, war der Einsatz einer solchen Schaltung unerlässlich.
Bei dem Soundbeispiel wurde der Bass auf Single-Coil-Betrieb geschaltet und "gemeinerweise" mit dem Erzfeind eines geräuschfreien Single-Coil-Einsatzes konfrontiert: einem Computerbildschirm. Dann haben wir den Trimpoti der "Silent-Curcuit-Spule" im Uhrzeigersinn gedreht und nach dem Anschlag solange wieder zurück geführt, bis die geräuschärmste Position gefunden war. Um das Lautstärkeverhältnis zu demonstrieren, habe ich unmittelbar danach, einen Akkord angeschlagen. Am besten hörst du dir dieses File mit Kopfhörer an. Es geht natürlich auch, wenn du deine Anlage richtig aufreißt. Aber vorsicht! Wie gesagt: Am Ende wird´s laut.
Mit satten 18 Volt, statt der sonst üblichen 9 Volt, ist die Stromversorgung ungewöhnlich kraftvoll. Bereit gestellt wird sie durch zwei 9V Batterien, die in Quick-Change Fächern auf der Korpusrückseite untergebracht werden. Die MusicMan Techniker entschieden sich für diese Stromversorgung, um der Klangregelung mehr Headroom, effektivere Regelwege und eine zu jeder Zeit verzerrungsfreie Klanggüte zu verleihen.
Sound/Bespielbarkeit
In Punkto Bespielbarkeit verwöhnt der Bongo mit höchstem Komfort. Wer auf schlanke Hälse steht, wird bestens bedient. Bis zum 24. Bund sind die Töne bequem zu erreichen. Die Konstruktion des Bongos gestattet alle gängigen Spieltechniken von Finger-, oder Plektrum-Style bis Slapping und Tapping.
Der Sound: Begonnen beim Humbucker kann man getrost eine Frage beantworten, die beim Hersteller Music Man wohl jedem in den Sinn kommen dürfte: Kann man denn....? Ja, man kann dem Bongo einen StingRay-artigen Sound entlocken. Damit alleine reiht er sich bereits grußlos in die Ahnenreihe der Klassiker ein. Doch gibt er sich mit diesem Feature lange nicht zufrieden.
Alleine dem Humbucker entlockt man mit Hilfe der äußerst effektiven 4-Band Klangregelung bereits so viele unterschiedliche Sounds, dass man von der gelieferten Universalität schier überwältigt ist. Fulminante Bässe, sehr warm und druckvoll in Szene gesetzt. Schneidende bis beißende Höhen, geschmeidige dumpfe Motownsounds, extrem durchsetzungsfreudige Mitten, funky-freundliche Mittenabsenkungen, alles ist möglich und dabei haben wir den Pick-Up Blendregler noch gar nicht in Richtung Single Coil geschoben. Alles was ab dann geschieht, kann man tatsächlich nur noch mit dem Wort "Offenbarung" beschreiben. Schon das dezente Hinzumischen des Single Coils bewirkt abermals enorme Soundveränderungen, die sich vordergründig durch einen deutlich zunehmenden Punch bemerkbar machen. Der Sound behält stets eine hervorragende Tonqualität. Hier und da kommt durch die Klarheit des gelieferten Tons fast schon ein "Graphithalsgefühl" auf. Durch die effektive Mittenregelung lassen sich dem Bongo auch extrem effektiv Flageolett-Töne entlocken.
Sobald man die Klangregelung voll auf Single Coil schaltet, eröffnet sich ein reichhaltiges Angebot an individuellen Bass-Sounds, die man nur mit einem "Einspuler" in dieser Position hin kriegt. Von knalligen , entwhistleartigen Sounds, über nahezu piezoartige Akustikbedienung, bis hin zu motownig, abgedämpften Muffelsounds ist alles im Angebot.
Fazit
Kein Zweifel, Sterling Ball und seinem Team ist unter Mithilfe von Dave La Rue ein ganz großer Wurf gelungen. Der Bongo ist ein absoluter Anwärter auf einen Spitzenplatz in der Ahnengalerie der Bass-Klassiker und braucht Vergleiche mit Ikonen des Tiefton-Gewerbes wahrlich nicht zu scheuen. Gekonnt verknüpft er bewährte Music Man-Traditionen, mit innovativen Neuerungen wie dem Compensating Nut, zur Verbesserung der Intonation, einem mutigen Design und einer Klangregelung die, in Verbindung mit der Pick-Up Kombination Humbucker/Single-Coil, eine unglaubliche Soundpalette bereitstellen kann . Sensationell ist auch die Bespielbarkeit des extrem schlanken Halses, dessen spezielle Mattlackierung das angenehme Gefühl vermittelt, direkt mit dem Holz in Kontakt zu sein. Und das beste: Obwohl der Bongo wegen seines revolutionären Sounds und der radikalen Optik den Eindruck macht, als wäre er für die Hautevolee entworfen, ist der Bass dank eines hervorragenden Preis-/Leistungsverhältnis, auch für weniger betuchte Tieftöner durchaus ein Thema.
Specs
- Modell: Bongo 5-String
- Hersteller Music Man/Ernie Ball
- Korpus: Basswood (Linde), neues ergonomisches Design
- Hals: Maple, Rosewood Fretboard, Hals in Bodyfarbe matt lackiert
- Bünde: 24
- Sattel: Music Man Compensated Nut,neu entwickelter Sattel für beste Intonation und
Ausgleich der Unreinheiten bei Akkorden in höheren Lagen
- Elektronik: 2x 9V (=18V) Batterieleistung für größeren Headroom ohne Zerrung
4-Band EQ (Volume, Bridge / Neck Pickup Balance, Low-Mid / High-Mid, Bass / Treble)
- Pick-Up Bestückung: 1x Humbucker , 1x Single-Coil
- Preis: 2277,50 Euro unverb. Preisempf.
- Der Bongo ist auch mit den Pick-Up Bestückungen H/H und H erhältlich
Soundbeispiel Infos:
Für die Soundbeispiele wurden keine zusätzlichen klangverändernden Elemente eingesetzt. Die Abnahme erfolgte per D.I. Box direkt ins Pult. Auf einigen Aufnahmen hört man als Effekt einen T.C. Chorus und ein Delay.
Hinweis: Bei allen Test-Aufnahmen weisen wir darauf hin, daß Diese keine vollständige Repräsentation der Klang- und Einsatzmöglichkeiten der getesteten Komponenten darstellen sollen oder können. Ebenso unterliegen die Klangresultate den Spielgewohnheiten und Soundvorstellungen der jeweiligen Tester, sowie den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Testumgebung.
Copyright Notice: Sämtliche Urheberrechte der hier zu hörenden Sound- und Musikbeispiele, sowohl für Komposition, als auch für die Aufnahmen, liegen uneingeschränkt bei Oliver Poschmann. Jegliche Verwendung außerhalb der auf der Planet-Guitar angebotenen Nutzungsoberfläche - privat wie kommerzziell - ist genehmigungs- und lizenzpflichtig. Unautorisierte Nutzung ist illegal und strafbar.
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