Neues von der Tone FarmDer Mesa Lonestar Specialein Test von Hansi Tietgen Keine Frage, Combo-Amps sind schon etwas Praktisches. Man hat alles dabei und braucht außer an ein Gitarrenkabel und natürlich die Gitarre an nichts zu denken, als ans Musik machen. Und noch etwas ist hinlänglich bekannt: Wenn es um ein flexibles Amp-Design geht hat die amerikanische Kultschmiede Mesa schon diverse Male ein besonderes Maß an Kreativität bewiesen. Was passiert, wenn man die Jungs von der "Tone Farm" auf das "Projekt Comboamp" los lässt, erfährst du im folgenden Test des neuen Lonestar Special. Howdie Boyz! |
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OutfitDas reinrassige Class A Herz des Lonestar Special schlägt in einem Gehäuse das so robust gebaut wurde, dass es der Amp, rein mechanisch betrachtet, getrost ins Testament seines Besitzers schaffen dürfte. Dazu passen würde auf jeden Fall auch das zeitlose Design, das wohl am treffendsten mit dem Begriff „Retro“ zu beschreiben wäre. Unsere Version kommt mit einem strapazierfähigen braunen Kunstleder-Bezug (Cocoa Bronco Vinyl), die zweigeteilte Front des Lonestars wurde im Bereich der Bedienelement mit beigen Leder (Creme Bronco) und im Wirkungskreis der beiden 12“ Speaker mit passendem braunen Stoff bespannt. Der Amp ist alternativ aber auch in einem Mantel aus blauem Schlangenleder-Imitat erhältlich. Für den Schutz der Gehäuse-Ecken und die Fertigung des Tragegriffs hat Mesa hochwertiges braunes Leder abgestellt. Und hochwertig ist bei dem üppigen Abfluggewicht des Lonestars sicher gerade gut genug. Mal ganz abgesehen davon, das Masse bei einem Röhrenamp ja bekanntlich keinen Makel darstellt - gerade dann nicht, wenn die Kilos aus leistungsstarken Trafos und fetten 12“ Lautsprechern resultieren. InnereienDer Lonestar Special ist ein 2-Kanal Vollröhrenamp mit einer Leistung von 30 Watt, erzeugt durch reinrassige Class A „Technology“. Eine griffige Beschreibung, die den mit zahlreichen Features beladenen Amp allerdings gerade mal ansatzweise beschreibt. Eine detaillierte Untersuchung wäre also von Nöten. Und wo startet man da bei einem Röhrenamp am besten? Ganz genau, bei der Endstufe. Die Basis für den Sound des Amps bildet pure Class A Power, zur Verfügung gestellt von insgesamt vier EL84 Röhren. Dank Mesa´s genialer „Multi Watt™ Schaltung können jedem der beiden Ampkanäle wahlweise eine, beide oder alle vier Endstufenröhren zur Seite gestellt werden, was einer Leistung von 5, 15, bzw 30 Watt entspricht. Und das hat natürlich nicht unbedingt nur damit zu tun, dass die Amp-Schmiede Erbarmen mit den Nerven der Nachbarn hat. Die Möglichkeit der Veränderung der Leistung durch das Zu-, bzw. Wegschalten von Endstufenröhren sorgt nämlich gleichzeitig dafür, dass sich der legendäre Sweet Spot, der Punkt also an dem ein Röhren-Verstärker anfängt in die Sättigung zu fahren (zu verzerren) nach unten verschiebt. Dementsprechend lässt sich schon der „Clean“ Kanal im 5 Watt Mode und beherztem Gain-Setting, zu sahnigen Zerrsounds überreden. Parallel zur Menge der aktiven Endstufen-Röhren wechselt mit dem Umschalten auch das verwendete Schaltungskonzept. So kommt im 5 Watt Modus ein sogenannter Single Ended Circuit zum Einsatz, eine Schaltung, die im Vergleich zur im 15-, und 30 Watt Mode verwendeten Push Pull Variante, für einen samtigeren, weicheren Ton sorgt. Dies liegt daran, dass die Schaltung die Wellenform nicht wie im Push Pull Konzept üblich, in zwei Out Of Phase Hälften splittet die getrennt verstärkt und dann wieder zusammengefügt werden, sondern das Signal komplett verarbeitet. Dies wiederum hat zur Folge, dass die für einen ausgewogenen Sound so wichtigen „ersten zwei Harmonischen“ voll erhalten bleiben. Bei der Signalzusammenführung im Ausgangstrafo einer Push Pull Schaltung werden sie ausgeblendet! Aber keine Sorge: Natürlich bietet auch die im 15-, und 30 Watt Modus verwendete Push Pull Schaltung diverse Vorteile: So akzentuiert sie die dritte Harmonische (eine Oktave und eine reine Quinte über dem jeweils gespielten Ton) und liefert so eine Performance, die mehr Punch bietet und sich im Bandzusammenhang bzw. Mix extrem gut durchzusetzen weiß. Parallel dazu wird die Bass-Widergabe gestrafft. Gerade die höheren Gain-Level Sounds im Drive-Mode des zweiten Kanals erhalten auf diese Weise mehr Präzision und Druck. Und das ist noch immer nicht alles, was das Umschalten der Leistung bewirkt. Ganz in der Tradition anderer berühmter Mesa Amps, verändert sich mit der Anwahl eines der drei Leistungs-Modi nämlich auch die Art der Gleichrichtung. So kommt bei 30 Watt eine Halbleiter Diode (Silicon Diode) zum Einsatz, im 15 und 5 Watt Mode verrichtet eine 5Y3 Gleichrichter-Röhre ihre Arbeit. Gleichrichter Magie - Grundsätzlich erledigen beide Bauteile ihren Job gleich. Die Wirkung auf den Sound ist eher indirekt und ergibt sich aus der beim Einsatz von Gleichrichter-Röhren* reduzierten Betriebsspannung innerhalb des Amps und der damit einhergehende Veränderung der Arbeitspunkte aller Röhren. Das wiederum hat zur Folge, dass ein Amp mit Gleichrichter-Röhren an seiner Leistungsgrenze mehr Kompression aufweist, als derselbe Verstärker mit Dioden-Gleichrichtung. Wahrnehmbar wird dieser Effekt schon bei höheren Lautstärken im Clean-Sound. Ein Grund übrigens, warum Amps wie der Vox AC30 oder der Fender Tweed Bassman zu Legenden des Amp-Biz geworden sind. Im "Dioden" Betrieb liefert der Amp mehr Headroom, wirkt also lauter, hat mehr Biss im Höhenbereich und eine Prise mehr Punch - ideale Eigenschaften für durchsetzungsstarke Sounds mit Headroom ohne Ende. Im Vaccum-Tube Modus wird der Sound wärmer und sahniger. Er schreit förmlich nach extatischer, fließender Lead-Work und gefühlvollen Bendings. *Im Vergleich zu einer Halbleiter-Diode, hat die Röhre einen wesentlich höheren Innenwiederstand. Kommen wir zu den beiden Preamps. Dem sehr flexiblen Endstufenkonzept des Amps entsprechend, haben sich die Mesa Ingenieure auch beim Design der beiden, mit 12AX7 Röhren befeuerten Vorstufen, einiges einfallen lassen. So kommt Kanal 1 mit einer traditionellen „Gain-Struktur“ und liefert bei niedrigen bis mittleren Gain-Werten, glockige, sehr warme Clean-Sounds. Höhere Gain-Einstellungen bringen den Preamp dann mehr und mehr in die Sättigung und sorgen in der Folge für unwiderstehlich elastische Blues-Solo-, und Crunch Sounds - ganz in der Tradition klassischer Class A Röhrenamps. Der zweite Kanal des Amps hat sozusagen eine gespaltene Persönlichkeit und kann wahlweise als minimal gainstärkerer „Klon“ des ersten Kanals, oder als waschechter HiGain Preamp ins Spiel gebracht werden. Die entsprechende Kontrolle übernimmt „Clean/Drive“, ein 2-Wege Mini-Toggle-Switch der es faustdick hinter den Ohren hat. In der Drive-Stellung spendiert er dem Preamp eine weitere Gainstufe mit separatem Drive-Regler und öffnet dem User so das Tor zur Welt moderner Distortion-Sounds. In der Clean-Stellung wird die separate Gainstufe komplett aus dem Signalweg entfernt und der zweite Kanal des Lonestar Special präsentiert sich als „großer Bruder“ des vintageorientierten ersten Preamps. Neben dem smarten Drive-Switch haben die Mesa Sounddesigner dem zweiten Kanal aber noch ein weiteres sehr effektives Feature zur Seite gestellt: Den coolen Thick/Normal/Thicker Switch! Der 3-Wege Schalter beeinflusst das Voicing des Preamps indem er die Frequenz verändert die mit dem Treble-Regler des Kanalzugs bearbeitet wird. Dabei ist das „Normal-Setting“ die Domäne traditioneller „Black Face“ Sounds. Wer es „ehrlich“ mag und den Sound seiner Gitarre in all seinen Nuancen übertragen wissen will, ist hier bestens aufgehoben. Auf der Suche nach einer eher „britischen“ Performance wird man im „Thick“ Setting fündig. Erreicht wird dies durch eine Absenkung der Höhen und einer damit einhergehenden Verwischung des Übergangs zwischen Hoch-Mitten und Höhen, ohne dabei das Gain maßgeblich zu erhöhen! Mesa hat dem Schalter übrigens den Spitznamen „Plexi-Switch“ gegeben- und das sag dann doch wohl alles! Hier ist der begehrte Brown-Sound Thema Numero Uno! Bleibt uns noch „Thicker“. In diesem Modus werden die Höhen noch weiter abgesenkt und - parallel dazu - im bearbeiteten Bereich für ein beachtliches „Gain-Plus“ gesorgt - die ideale Einstellung für HiGain Lead-Work! ZusatzfeaturesAuf der Rückseite des Lonestar Specials halten sich eine Reihe weiterer professioneller Features „versteckt“. So verwöhnt der Amp mit einem erstklassigen, röhrengetriebenen Effektweg der sich mit Hilfe des Send-Level Reglers detailliert an die Bedürfnisse unterschiedlicher Effektgeräte anpassen lässt. Puristen müssen jetzt nicht nervös werden: Mesa hat dem Loop des Lonestars nämlich einen Hardbypass spendiert, der alle Komponenten des Effektwegs rückstandslos aus dem Signalweg entfernt. Neben der Loop-Sektion findet man auf der Rückseite den für jeden der beiden Kanal separat justierbaren Analog-Reverb. Auch dieser in einer Ausführung wie aus dem Lehrbuch: Röhrengetrieben und mit zwei anwählbaren Modi. Dabei liefert „Warm“ geschmeidige, warme Hallsounds, im Stil klassischer Plate-Reverbs. „Bright“steht für einen brillanteren Sound mit jeder Menge Obertöne und dem typischen Federhall-Feel! Fernbedienung - Sowohl die Kanalumschaltung, als auch das Aktivieren der Solo-Funktion (separat einstellbarer Mastervolume-Regler) und der Effektloop, lassen sich über den mitgelieferten 2-fach Fußschalter fernbedienen. Der robuste Schalter wird mit Hilfe von zwei Klinkensteckern mit dem Amp verbunden und erledigt seinen Job sicher, schnell und ohne Umschaltknack. Die PraxisUm beim Test eines Amps mit so vielen Möglichkeiten wie dem Lonestar Special nicht komplett den Überblick zu verlieren ist es sinnvoll, sich kontinuierlich durch das Angebot zu arbeiten. Starten wir also mit Kanal 1 im 5 Watt Mode. Dieses Setting ist die Domäne klassischer Clean-Sounds. Und um es schon mal vorweg zu nehmen: Die Dynamik und Ansprache des Lonestars ist absolut beeindruckend. Der Amp reagiert unmittelbar auf alle Spieldetails und gibt diese feinzeichnend und absolut ehrlich wieder. Die gelieferten Clean-Sounds bestechen durch ihren glockigen Charakter und eine enorme Transparenz. Durch kontinuierliches Steigern des Gains kitzelt man den Lonestar mehr und mehr in die Sättigung. Wow, wenn hier nicht jeder Blueser schwach wird, dann weiß ich es auch nicht. Und ganz nebenbei: 5 Röhenwatt am Limit können ganz schön laut sein. Das Umschalten in den 15-, und 30 Watt Modus und die damit einher gehende Aktivierung der Push Pull Schaltung steigert nicht nur die Lautstärke des Amps sondern sorgt für einen etwas härteren, knackigeren Ton. Auch der (Gain)Spielraum in dem der Amp clean bleibt wird größer. Wenn der Lonestar dann anfängt zu übersteuern ist sein Sound präzise und drückend mit einem offenen, und zu jeder Zeit transparenten Bass - ideal für durchsetzungsstarkes Rock-, und Blues-Riffing. Auch den Praxischeck des zweiten Kanal starten wir im 5-Watt Mode ...... und zugeschaltetem Drive. Bereits im zweiten Viertel des Drive (und Gain) Regelwegs startet der Trip in die Welt reinrassiger Vollröhren Zerrsounds. Die vom Lonestar gelieferte Verzerrung ist organisch und dynamisch, mit einer sehr ausgewogenen Obertonstruktur. Die Klangregelung arbeitet im kompletten Leistungs-, und Gainbereich des Amps überaus effektiv und stellt so ein breites Soundspektrum bereit. Richtig viel Spaß macht der Mesa, wenn man parallel zum Gain, das Mastervolume aufreißt und die Dynamik und Zerrintensität der Performance mit dem Gitarren-Volume kontrolliert. Besser geht es nicht! Je nach gewähltem Drive-, und Gain-Setting reicht das Spektrum der Sounds vom genialen Blues-Crunch bis zum sahnigen, plastischen und auch am Gainlimit sehr dynamisch reagierenden Leadsound. Besonders gut harmoniert der Amp auch mit Singlecoil-Pickups. Wer auf eine mächtige, dreidimensionale Tex-Mex Performance steht wird garantiert ins Schwärmen geraten! Im 15-, und 30 Watt Modus werden die Bässe gestrafft und die Performance fokussiert. Es ist angerichtet für coole Rock-, Grunge und Hardrocksounds. Man darf sich vom Vintage Outfit des Amps nicht an der Nase herum führen lassen. Seine Gain-Reserven reichen alle male aus um auch in härteren Gefilden zu überzeugen und so kommen Powerchordriffs dicht und mit druckvollem Punch. Aber auch geschmeidige Rock-Leads sind für den Lonestar Special kein Thema. Egal ob HiSpeed Picking, oder Legato - alles ist möglich. Der Charakter der gelieferten Sounds lässt sich über die Klangregelung optimal an persönliche Vorlieben anpassen. Wer es eher „schneidend" und rauh mag, der betont die Höhen und reduziert die Mitten. Freunde smoother „amerikanischer" Leads machen´s umgekehrt und reduzieren die Höhen bei zeitgleicher Anhebung der Mitten. FazitDer Mesa Lonestar Special ist ein erstklassiger Amp mit einem offenen, sehr flexiblen Konzept. Der reinrassige „Vollröhrer“ bietet alle Vorzüge klassischen Class A Röhrendesigns, ohne dabei Gefahr zu laufen sich stilistisch von vornherein allzu sehr festzulegen. So bringt der massive Amp superdynamische Clean-, und Crunchsounds genauso selbstverständlich rüber, wie sahnige Leadsounds mit modernem Feel. Die gelieferte Qualität und die Lebendigkeit der Performance, mit singenden Obertönen und einer feinzeichnenden Abbildung alller Spieldetails wird auch Gitarristen die den Umgang mit Klassikern des Röhrenamp-Biz gewohnt sind , aus dem Stand in ihren Bann ziehen. Smarte Features wie die beiden Channel Power Select-Schalter, ein hochwertiger modifizierbarer Federhall und der röhrengetriebene, justierbare Effektweg mit Hard-Bypass, runden das Angebot ab und machen den Lonestar Special zu einem universell einsetzbaren „Soundgenerator", mit dem Anspruch auch professionell arbeitende Musiker zu 100% zufrieden stellen zu können. Specs
Die Soundbeispiele zum Download: Beispiel 1 - Beispiel 2 |
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