Der Marshall MG 30 DFX -
ein Test von Hansi Tietgen
Die brandneue Marshall MG Serie wurde erstmals auf der diesjährigen
Musikmesse in Frankfurt vorgestellt. Nachdem wir uns vor einigen Monaten
bereits den MG 15 CDR, einen hervorragend ausgestatteten Übungs-,
und Einsteiger-Amp genauer angeschaut haben, wollen wir jetzt seinem gösseren
Bruder, dem MG 30 DFX auf den Zahn fühlen. Mit seinen transistorbefeuerten
30 Watt, einer echten zweikanaligen Auslegung inklusive separater Klang-,
und Volumenregelung, sowie On Board Digital-Effekten, wendet sich der
"klassische" Combo-Amp an Gitarristen die nach einem kompakten Amp suchen
der, dank seiner Leistungs und Ausstattung sowohl als Übungsverstärker
in heimischen Gefilden, als auch als einfach zu transportierender Soundlieferant
im Proberaum oder On Stage einzusetzen ist.
Bedienung und Konzept
Genau wie sein kleinerer Bruder, folgt auch der MG 30 DFX dem klassischen
Konzept eines typischen Combo-Amps. Da das Gehäuse eines Verstärkers
dieser Bauweise einen maßgeblichen Anteil am Gesamtsound hat, entschloss
man sich im Hause Marshall dazu, die aus MDF gefertigten Gehäuse-Teile
mittels Nut und Feder zu verbinden. Das Konstruktionsdetail garantiert
nicht nur eine optimale Stabilität und Haltbarkeit, sondern sorgt
gleichzeitig dafür, dass das gesamte Gehäuse einen eigenresonanten
Klangkörper bildet. Für ein marshalltypisches Outfit steht ein
Bezug aus strapazierfähigem schwarzen Kunstleder und eine Frontbespannung
aus ebenfalls schwarzem Nylongewebe. Acht stabile Kunststoffecken sichern
den, dank seiner kompakten Abmessungen (476(B)x408(H)x240mm(T) und des
geringen Gewichts (9kg), sehr transportfreudigen Combo-Verstärker.
Die Elektronik, das Herzstück des MGA 30, ist gut geschützt
in einem robusten Metallchassis untergebracht und wurde - typisch für
die Combo-Bauweise - von hinten in das Holz-Gehäuse geschoben und
mit vier Schrauben (von oben) fixiert. Auf dem Frontpanel im Marshall-Goldlook
finden die Bedienelemente und Anschlüsse Platz.
Schalten und Regeln- Die Details
Anders als die MG15 Amps, bei denen eine Kanalumschaltung ausschließlich
über einen entsprechenden Channel-Select Tasters (OD Select) am Verstärker
möglich ist, bietet der MG 30 DFX die Option der "Fernbedienung"
der Funktion via Footswitch. Das Feature macht den 30 "Wättler" zu
einem universell einsetzbaren Verstärker und unterstützt den
Proberaum- und Bühnenbetrieb. Beide Amp-Kanäle arbeiten völlig
unabhängig voneinander und sind mit jeweils einer separaten Klang-,
und Volumenregelung ausgestattet. Zur Justierung des Clean-Sounds steht
ein effektiv arbeitender 2-Band EQ (Bass, Treble) und eine komplett autarke
Volumenregelung zur Verfügung. Die Zerrintensität des Overdrive-Kanals
wird über einen entsprechenden Gain-Regler kontrolliert. Ein Volume-Regler
dient der Anpassung der Gesamtlautstärke des "Channels". Aber auch
in Sachen Klangregelung hat der Distortion-Kanal des MG 30 DFX einiges
zu bieten. Neben jeweils einem Bass- bzw. Treble-Regler zur Anhebung bzw.
Absenkung der beiden Frequenzbereiche, ist es gerade der vielfach bewährte
Contour-Poti, der eine ansprechende Soundvielfalt des Amps garantiert.
Der Trick hinter der Funktion dieses Potis ist, dass sein "Drehen" kein
starr festgelegtes (Mitten-)Frequenz-Band beeinflusst. Vielmehr findet
während des Regelns eine zusätzliche, an die übliche An-
und Absenkfunktion gekoppelt, Verschiebung der jeweils zugrunde liegenden
Filter-Bandbreite statt. Die Parameter wurden dabei von Werk ab so festgelegt,
dass der Amp eine möglichst vielfältige stilistische Performance
abliefern kann.
DFX - Digital Effekt-Power
Für ein Plus an Klangvielfalt sorgt ein mit vier Basis-Effekten
ausgestattetes, digitales On Board Effektgerät. Die Qualität
der hier erzeugten Hall, Delay, Chorus und Flanging Sounds ist sehr gut.
Aktiviert und kontrolliert werden die Effekte mittels eines multifunktionell
angelegten Preset/Adjust Potis. Der Regelweg des clever konzipierte "Knobs"
teilt sich in vier Segmente ein, wobei jedem der Bereiche jeweils einer
der Effekte zugeordnet wurde. Dreht man den Regler im Uhrzeigersinn, wird
zunächst der Reverb-Effekt scharfgeschaltet. Das Weiterdrehen im
ersten Viertel des Regelweges erhöht die Decay Time (Hallverzögerung)
und sorgt so für eine stetig größer werdende Raumsimulation.
Nach Erreichen des Peaks (Ende des ersten Viertel) wird der Reverb abgeschaltet
und das Delay aktiviert. Ein entsprechendes Weiterdrehen erhöht die
Delay-Time. Nach Abarbeiten des zweiten Segments wird das Delay deaktiviert
und der Chorus tritt in Aktion. In diesem Modus erhöht das Regeln
im Uhrzeigersinn die Geschwindigkeit der Wiederholungsrate (Speed) der
Chorus-Modulation. Das letzte Viertel gehört schließlich ganz
dem Flanger. Auch hier geht, genau wie beim Chorus, dass Erhöhen
des Werts mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit des Flanging Effekts
einher.
Der Anteil des ausgewählten Effekts am Gesamtsound, lässt sich
mit dem FX Regler bestimmen. Dabei steigt der Effektanteil proportional
zum "Regelzustand".
MG Special Features
FDD Schaltung
Als reinrassiger MG Amp ist auch der MG 30 DFX mit dem serieneigenen
Special-Feature, der sogenannten FDD Schaltung ausgestattet. Das Kürzel
steht für die Bezeichnung Frequency Dependent Damping (Frequenz abhängiges
Dämpfen) einem Ausstattungsmerkmal, das erstmals in den Amps der
Marshall Hybrid Serie AVT zum Einsatz kam. Die von Marshall entwickelte
Schaltung simuliert die Wechselwirkung zwischen Endstufe und Speakern,
ein Effekt, der Röhrenamps naturgemäß einen wärmeren
Sound verleiht, transistorbefeuerten Gitarrenverstärkern aber erst
durch entsprechende schaltungstechnische Zusatzmaßnahmen antrainiert
werden muss. Das Zauberwort heißt weiche Ankopplung. Diese gibt
den Speakern -einfach gesprochen- die Möglichkeit, ein Stück
weit freier zu schwingen und sorgt so für eine natürlichere
Entwicklung des Gitarrentons. Da der Dämpfungsfaktor frequenzabhängig
ist, misst die FDD Schaltung die von der Endstufe erzeugte Obertonstruktur
des Signals und passt den Dämpfungsfaktor automatisch und in Echtzeit
an die jeweils herrschenden Bedingungen an. Neu bei der MG Variante ist
die Schaltbarkeit des Effekts (außer beim Filius der Serie, dem
MG 10 CD). So hat der User die Möglichkeit zwischen einem eher sägenden,
typischen Transistorsounds und der FDD gestützten "Röhrenvariante"
zu wählen.
Emulated Line-Out/Headphone
Ein weiteres, effektives Zusatz-Feature ist die kombinierte Line Out/Kopfhörer
Buchse, die in beiden Anwendungsbereichen ein sogenanntes "emuliertes"
Signal liefert. Der Line Out versorgt den User mit einem Signal, das sich
genauso ideal als Soundquelle für die schnelle Recording Session
zwischendurch, wie für die Einspeisung in ein P.A. System eignet.
Auch das nächtliche Üben heißer Lix mit dem Kopfhörer,
wird durch die "eingeschliffene" Speaker-Simulation zu einem wesentlich
angenehmeren Hörerlebnis.
CD IN
Den Charakter des Übungs-Verstärkers unterstreicht die CD
In Buchse. Das Signal eines hier angeschlossenen CD-, oder MD Players
(Drumcomputer geht auch) wird automatisch dem Gitarrensignal zugemischt
und kann den Übenden so mit Play Along Trax und Grooves versorgen.
Auf diese Weise hilft der Amp nicht nur dem Zuhausetrainierenden, sondern
kann auch dazu beitragen das Gitarrenlehrer oder "Workshoptreibende" ihren
Unterricht ohne aufwändige Equipmentschlachten interessanter und
lehrreicher gestalten können.
Die Praxis
PG Gear Check Info: Während
der Aufnahme-Session wurde der Amp-Sound mit einem Standard Shure SM 57
Mikrofon abgenommen. Zusätzlich zu den "abgemikten" Sounds, sind
in den Audios des PG Gear Checks auch einige Line-Sounds zu hören.
Clean-Channel
Um die Leistungsfähigkeit des dreißig Watt starken MG 30 DFX
optimal beurteilen zu können, haben wir den Amp sowohl im Studio,
als auch im Proberaum getestet. Erstes Kriterium: Ist der MG in der Lage
cleane Sounds zu liefern die laut genug sind, um sich im Zusammenspiel
mit Drum'n'Bass durchzusetzen?! Und die Antwort lautet: Ja, ist er. Natürlich
kann man von dreißig Watt keine Wunder erwarten und der Amp ist
sicher nicht dafür konzipiert worden, langfristig und ausschließlich
im Proberaum eingesetzt zu werden. Dennoch ist er durchaus in der Lage,
diese Aufgabe zu bewältigen. Da der MG 30 (mit Absicht) sensibel
auf eine Erhöhung des Volumes des Clean-Kanals reagiert, kann es
beim "Kampf" mit den Urgewalten eines Drum-Kits zwar passieren, dass der
Verstärker leicht zerrt. Der gelieferte Sound verdient aber zu jedem
Zeitpunkt das Etikett "Clean". Erst im letzten Drittel des Volumen-Regelbereichs
(und bei einer Gitarre mit kraftvollen Humbuckern), begibt sich die Endstufe
des Amps mehr und mehr in den Sättigungsbereich und versorgt den
MG 30 mit warmen, bluesigen "Crunch-Sounds", reich an Dynamik und Attitude.
Die effektiv arbeitende Klangregelung macht es problemlos möglich,
den Charakter der Sounds an individuelle Vorstellungen anzupassen. Dabei
reicht das Angebot von knackigen Funk-Sounds bis - unterstützt von
den Vorzügen der FDD Schaltung - zur vollmundig, warmen Jazz-Bedienung.
Weitere sehr interessante Klangvarianten liefern die On Board Effekte.
Die Qualität der Effektverarbeitung ist sehr gut und die einfache
Bedienung erleichtert den Einsatz enorm. Neben coolen Ambience Effekten
wie Hall und Delay, sorgen ein gut klingender Chorus und ein Flanger für
breite, flächige Akkord-, und Solo-Sounds.
Overdrive Channel
Der Overdrive Kanal des Amps deckt ein breites Zerr-Spektrum ab. Der
Gain-Regler reagiert sehr sensibel und erlaubt eine optimale Justierung
der Intensität der Vorstufen-Verzerrung. So lassen sich saftige Blues
Leads genauso problemlos realisieren, wie angechrunchte Rock'n'Roll oder
Rhythm'n'Blues Riffs. Aber auch HiGain Freaks kommen voll auf ihre Kosten.
Der MG 30 DFX liefert Power pur und verfügt über genügend
Reserven, um auch phattes New Metal Riffing perfekt zu unterstützen.
Dank der sehr gut abgestimmt arbeitenden Klangregelung, lassen sich detaillierte
Klanganpassungen vornehmen. Besonders herauszuheben sei in diesem Zusammenhang
die Wirkung des Contour-Reglers, der einen maßgeblichen Einfluß
auf die Wirkung der Sounds hat. Mit einem einfachen Dreh ist man in der
Lage den eben noch sahnig, mittigen Lead-Sound im Handumdrehen in einen
strammen, bissigen Power-Riff Sound zu verwandeln. Das macht das Handling
des Amps, gerade für Anfänger angenehm einfach und sorgt so
für schnelle Spielfreuden. Auch die FDD Schaltung leistet ganze Arbeit
und verleiht dem, auf modernsten Erkenntnissen der Transitortechnik basierenden
Amp, gerade bei größeren Lautstärken eine dynamische,
röhrenmäßige Performance. Und dreißig Watt können
verdammt laut sein. Tatsächlich gab es im Bandeinsatz in Sachen Durchzugskraft
keinerlei Probleme. Der verwendete 10"-Celestion Speaker macht auch Kampflautstärken
ohne Murren mit und dank des gut zupackenden Bass-EQ lässt sich auch
der Druckfaktor(trotz des geringeren Lautsprecher-Durchmessers) ansprechend
aufblasen.
Effekt-Bedienung
Auch verzerrt gespielt unterstützt die On Board Effekt Sektion eine
möglichst vielseitige Performance des Amps. Sowohl die Ambience Effekte
Reverb und Delay als auch die beiden Modulations-Klassiker Chorus und
Flanger kommen im verzerrten Betrieb differenziert und klar rüber
und lassen sich so in jeder Stilistik optimal einsetzen.
Fazit
Mit einer Leistung von 30 Watt und einer kompletten Ausstattung richtete
sich der MG 30 DFX an Musiker, die nach einem Verstärker suchen der
als Übungsverstärker überzeugt, aber durchaus in der Lage
ist, auch im Proberaum oder On Stage eine gute Figur zu machen. Seine
zweikanalige Auslegung, mit jeweils einer separaten Klang-, und Volumenregelung,
in Kombination mit den Vorzügen der sehr effektive arbeitenden FDD
Schaltung und des bewährten Contour-(Mitten)Reglers des OD Kanals,
sorgt für eine stilistisch flexible Performance. Der On Board DSP
Chip veredelt den Amp-Sound mit vier sehr gut klingenden und einfach zu
bedienenden Effekt-Klassikern (Reverb, Delay, Chorus, Flanger). Coole
Zusatzfeatures wie der emulierte Line-Out und die Anschlussmöglichkeit
einer externen Audioquelle erweitern das Einsatzgebiet des Amps und machen
ihn, in Verbindung mit dem sehr gut klingenden Kopfhörer-Out, zum
idealen Übungs- und Schulverstärker.
Marshall MG 30 DFX Specs
- Hersteller: Marshall
- Typ: Gitarrencombo auf Transistorbasis
- Ausgangsleistung: 30 Watt RMS
- Lautsprecher: 1x10"
- Kanäle: 2 Kanäle mit separaten Volume-, und Tone-Reglern
- Klangregelung: Bass,Treble, Mittenanpassung über Contour-Regler
- Eingänge: Input (git), CD In
- Ausgänge: Kopfhörer-Out (emuliert), Line Out (emuliert)
- Effekte: On Board Digital Effekte (Reverb,Delay, Chorus,Flange),
FDD Schaltung
- Abmessungen: 476x408x240 (BxHxT in mm)
- Gewicht: 9,6 kg
- Preis: € 339,- unverbindliche Preisempfehlung
nach oben - diskutiere
im Forum mit anderen PG Usern
|