Gibson Tom DeLonge Signature ES

Ein Test von Hansi Tietgen

Mit Songs wie What´s My Age Again oder Rollercoaster haben sich Tom DeLonge und seine Band Blink 182 weltweit in die Gehörgänge der Freunde gepflegter Powerriffs gespielt. Dabei wird aufmerksamen Zeitgenossen sicher nicht entgangen sein, dass Tom seine "Chops" immer häufiger auf einer auffällig designten Gibson ES zum besten gibt. Und das ist natürlich kein Zufall, denn schließlich ist Mr.DeLonge vor Kurzem in den erlauchten Kreis der Gibson Signature Artist aufgenommen worden. Die coole Semi-Akustik mit der sich der kreative Kopf allabendlich austobt ist ihm also vom erfahrenen Gibson Design-Team auf den Leib geschneidert worden. Wie uns Toms Maßanzug gepasst hat, erfährst du in unserem PG Gear Check.

Um richtig abrocken zu können muss es nicht unbedingt immer eine Solidbody-Gitarre sein. Musiker wie Alvin Lee, Ted Nugent oder Steve Howe (to name just a few) haben schon vor Dekaden bewiesen, dass Semi-Acoustics auch im Rock-Biz eine verdammt gute Figur machen. Die legendäre ES-335 die für Toms Gitarre Pate gestanden hat wurde von Gibson im Jahre 1958 eingeführt und war die erste wirklich feedbackresistente Hollowbody-Gitarre. Erreicht wurde dies durch eine vom Halsansatz bis zum Korpus-Ende reichende massive Holz-Einlage, den sogenannten Sustainblock. Diese teilmassive Bauform machte es Möglich die Vorteile eines Solidbody Instruments genießen zu können, ohne dabei auf den offenen, transparenten Sound einer "quasiakustischen" Gitarre verzichten zu müssen Dank der innovativ ausgestatteten ES-335 konnte man auf der Bühne endlich den Verstärker aufdrehen ohne dabei Gefahr zu laufen von ungewollten Rückkopplungen in Grund und Boden gehupt zu werden.

Ein klitzekleines Problem gab es dann aber doch. Vollakustik ......Solidbody - in welche Kategorie sollte man die ES-335 denn nun einordnen? Kurzentschlossen prägte Gibson den Begriff der Semi-Solid Gitarre und eröffnete so ein vollkommen neues Marktsegment, dessen bekanntestes Instrument bis heute die 335 geblieben ist.

Zurück zu Mr. DeLonge. Tom hatte von jeher ein Faible für klassisches Gitarren-Design. Namentlich die halbakustische ES-335 hatte es dem Gitarristen angetan. Als Gibson ihm den Vorschlag machte eine Signature-Gitarre für ihn zu bauen, musst Tom nicht lange überlegen welches der zahlreichen Modelle die Plattform für sein Instrument bilden sollte. Die Decke und der Boden der komplett im Gibson Werk in Memphis gefertigten DeLonge besteht aus einem 3-schichtigen Ahorn/Pappel/ Ahorn Laminat. Für die Zargen kommt massives Ahorn zum Einsatz. In Sachen Binding setzten Tom und die Gibson-Designer auf die einschichtige cremefarbene Variante. Die Lackierung des Korpus ist das auffälligste Signature-Merkmal der Gitarre. Ein mattes Schokoladenbraun, das von drei mittig angeordneten cremefarbenen Ralley-Streifen durchzogen wird irgendwie naheliegend bei einem Mann der sein Side-Projekt Box Car Racer nennt. Für die schiere Power sorgt ein heißgemachter Gibson Dirty Finger Humbucker in der Bridge-Position, der mit Hilfe eines cremefarbenen Einbau-Rahmens direkt in den Sustainblock eingelassen auf Opfer lauert. Der Pick-Up wurde von Gibson bereits vor über zwanzig Jahren entwickelt, hatte seinerzeit aber nur mäßigen Erfolg. Seine unglaubliche Power und Bissigkeit passte einfach nicht zum Stil der frühen 80er Jahre. Auf der Tom DeLonge Signature feiert der Kraftprotz jetzt fröhliche Urstände und verleiht der Gitarre jede Menge Durchzugskraft. Als es um die Pick-Up Bestückung seiner Gitarre ging, bot Gibson Tom die Möglichkeit seinen Favoriten aus einer breiten Palette der angesagtesten Tonabnehmer-Modelle heraus zu picken. Der Dirty Finger machte das Rennen. O-Ton Tom "It´s awesome. It sounds so good. It has so much more clarity and volume and a much wider sound I instantly fell in love with it!" Im Zaum gehalten wird der leistungsstarke Motor der Tom DeLonge Signature durch einen cremefarbenen Volumen-Regler. Das war´s! Mehr ist ja auch gar nicht nötig, - schließlich ist der Dirty Finger ja der einzige Pick-Up der Gitarre. In Sachen Hardware setzten Tom und Gibson auf das bewährte Gespann Stop-Tailpiece Saitenhalterung und Tune-O Matic Bridge. Die verchromten Parts sind von erstklassiger Qualität und lassen alle nötigen Einstellarbeiten präzise und kinderleicht von der Hand gehen.

Der Hals

Der Hals der Tom DeLonge Signature wurde aus einem wunderbar gewachsenen Stück Mahagoni gefertigt und fest mit dem Korpus verleimt. Auf Toms Wunsch bleibt er unlackiert. Um den für einen sustainreichen, dichten Sound und eine gute Intonation nötigen Druck auf Bridge und Sattel zu erzeugen hat man den Hals in einem Winkel von gibsontypischen 4,5° eingebaut. Die Kopfplatte steht im Winkel von 17° zur Halsbasis. Als Profil kommt das legendäre 1960 Slim Taper zum Einsatz. Das Profil wurde erstmals im Jahre 1960 vorgestellt und ist etwas dünner als beispielsweise das Hals-Shaping einer 1959 Les Paul. In Verbindung mit der von Werk ab perfekt eingestellten Saitenlage ergibt sich eine Bespielbarkeit wie sie besser nicht sein könnte. Das Griffbrett besteht aus Palisander und wird von einem cremefarbenen Binding umsäumt. 22 sauber eingesetzte und abgerichtete Bünde warten darauf vom "User" zum Leben erweckt zu werden. In Sachen Mensur setzt Gibson bei der "DeLonge" auf die kurze 628mm Variante. Schlichte Dot-Inlays im Griffbrett und der Sichtkante weisen dem Spieler den rechten Weg. Genau wie der Resthals bleibt auch die Kopfplatte der Gitarre unbehandelt. Passend zur naturbelassenen Optik hat man sich für ein schlichtes schwarzes Gibson Logo entschieden. Eine aus dreischichtigem Kunststoff (schwarz/weiß/schwarz) gefertigte Abdeckplatte tarnt die Halsstellschrauben-Fräsungen. Sechs Sperzel Locking Mechaniken in hochwertiger Qualität sorgen für eine konstante Stimmungslage. Die sechs Spezialisten arbeiten präzise und fein. Die Fixierung der Saiten erfolgt durch Bolzen die die Drähte innerhalb der Bohrungen in den Mechanikachsen festklemmen. Griffige Rändelschrauben auf den Rückseiten der Sperzels betätigen den Fixierungs-Mechanismus.

Die Praxis

Der Test der Gitarre fand in Kombination mit einem Crate V3112 Amp statt. Das Gewicht der Gitarre geht trotz ihrer Größe absolut in Ordnung. Der unlackierte Hals mit 1960 Slim Taper Profiliierung liegt komfortabel in der Hand und sorgt, in Verbindung mit der von Werk ab sehr gut eingestellten Saitenlage, für ein sehr angenehmes Spielgefühl. Bei einer Gitarre die quasi von Natur aus auf Power getrimmt ist, liegt es sicher Nahe das unser Test im HiGain Modus startet. Und hier zeigt die ES ihre ganze Leidenschaft. Die hohe Ausgangsleistung des Dirty Fingers bringt den Amp in Wallungen. Der gelieferte Sound ist dicht, satt und transparent mit einem Schuss akustischer Offenheit. Auch tiefe Powerriffs kommen differenziert und durchsetzungsstark rüber. Bei diesem Output werden sich selbst gainschwächere Verstärker zu üppig krachenden Rocksounds überreden lassen. Trotz der "Energie" des Pick-Ups bleibt die Performance aber zu jeder Zeit hervorragend kontrollierbar. Skeptiker des Konzepts eine Semi-Akustik mit einem HiGain Pick-Up auszustatten und einem Rocker wie Tom DeLonge an die Seite zu stellen werden eines besseren belehrt. Tatsächlich könnte eine hochwertige Solidbody den Job nicht besser erledigen. Aber die "DeLonge" kann nicht nur hart und heftig. Auch im Crunch-, und Blues-Genre macht die Semi-Akustik eine richtig gute Figur. Der Sound ist kräftig, dicht und transparent. Dank der akustischen Anteile des Instruments werden selbst subtile Spieldetails perfekt umgesetzt. Und genau wie im HiGain Biz überzeugt die ES auch angezerrt gespielt durch ihr unglaubliches Sustain. Jetzt noch mal sehen wie sich die Gitarre clean macht. Wow, eine echte Überraschung. Trotz der Mega-Power des Dirty Fingers und der Positionierung im Bridge-Bereich kann sich auch der Clean-Sound hören lassen. Schneidende Höhen und überschüssige Präsenzen Fehlanzeige. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass das stilistische Spektrum eingeschränkt ist. Mit ein wenig Geschick im Einstellen der Klangregelung des Amps lassen sich der Gitarre aber die wesentlichsten Clean-Sounds entlocken wenn es nicht gerade dicker Jazz sein soll!

Fazit

Mit seiner ES hat sich Blink 182 Frontman Tom DeLonge eine Gitarre auf den Leib schneidern lassen, die optisch wie akustisch angenehm aus dem Einheitsbrei der Rock-Signatures heraussticht. Das hervorragend verarbeitete, erstklassige zu bespielende Instrument ist klar auf Leistung getrimmt und überzeugt mit einer ebenso druckvollen wie differenzierten HiGain Performance. Dabei sorgt der akustische Anteil für einen offenen Grundsound der harte Power-Riffs mit einem Plus an Transparenz und Durchzug versorgen kann. Trotz des mächtigen Dirty Fingers kommen aber auch Blueser voll auf ihre Kosten. So liefert die "DeLonge" bei reduziertem Gain singende, warme Blues-Leadsounds die selbst Puristen ins Schwärmen bringen dürften. Wären da noch die Clean-Sounds: Obwohl der Gitarre mit nur einem Pick-Up in der Bridge-Position natürlich keine Allround- Konfiguration mit auf den Weg gegeben wurde, lassen sich mit ein wenig Geschick im Einstellen der Klangregelung am Amp, die wichtigsten Sounds der "Abteilung Clean" realisieren. Rock-Gitarristen mit dem Sinn für das Besondere sollten die "DeLonge" unbedingt antesten es lohnt sich.

Specs

  • Modell: Tom DeLonge Signature
  • Hersteller: Gibson
  • Hergestellt in: Memphis, TN
  • Decke: Ahorn/Pappel/Ahorn Laminat
  • Boden: Ahorn/Pappel/Ahorn Laminat
  • Zargen: Ahorn
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: 1960 Slim Taper
  • Halsbreite: Sattel:44mm -12.Bd.: 52mm
  • Griffbrett: Palisander
  • Mensur: 628mm
  • Bünde: 22
  • Bridge: Tune-o-matic
  • Tailpiece: Stopbar
  • Mechaniken: Sperzel Locking-Mechaniken
  • Pickups: 1 x Gibson 'Dirty Fingers' Exposed-Coil Humbucker
  • Regler: 1 x Volume
  • Preis: 3090,00 € u.v.P. inklusive Luxuskoffer

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