Alesis XGuitar -

Just For Fun - 2 In 1

Ein Test von Hansi Tietgen

Das Konzept ist so einfach, wie genial: Man nehme eine E-Gitarre im klassischen Design und bestückte sie mit einer gut ausgestatteten, einfach zu bedienenden DSP Effektsektion, die sich mit vier Mignon-Zellen bis zu 30 Stunden betreiben lässt. Das Ergebnis ist ein Instrument, das seinem Besitzer als waschechte All-In-One Lösung alles bietet was "Gitarrist" so braucht, um in den unterschiedlichsten musikalischen Situationen bestehen zu können. Hört sich interessant an? Fanden wir auch und haben der Alesis XGuitar einen intensiven PG Gear Check gewidmet.

Der Korpus

Denkt man sich die DSP- Innereien einmal weg, ist die X-Guitar eine ganz normale E-Gitarre im klassischen Double-Cutaway Design. Der deckend schwarz lackierte Korpus besteht aus Erle. Das Tonholz ist im E-Gitarrenbau sehr beliebt und liefert einen obertonreichen, mittenbetonten Sound. In Sachen Tonabnehmerbestückung setzt Alesis bei der XGuitar auf die stilistisch flexible S/S/H Konfiguration. Dabei sind die beiden Single-Coils und der Humbucker, genau wie der Volume-Regler, der Pickup-Wahlschalter und die Effekt On/Off -, und Programm-Wahlschalter, auf einem einschichtigen weißen Pick-Guard untergebracht. Die vintagestyle Tremolobridge wurde von Werk ab aufliegend eingestellt, eine Herangehensweise, die einen stimmstabilen Betrieb gewährleistet. Auch ein Saitenriss, oder das Herunterstimmen einer Saite zieht in dieser Einstellung keine unmittelbaren Nachstimmarbeiten bzw. den direkten Spielabbruch nach sich. Die Qualität der Hardware geht in Ordnung. Alle standardmäßig nötig werdenden Einstellarbeiten (Intonation, Saitenlage) lassen sich schnell und präzise erledigen. Der Tremoloarm wird geschraubt. Wegen des recht starken Federzugs gestaltet sich das eigentliche "Vibrieren" relativ stramm, in Sachen Stimmstabilität macht das System allerdings einen guten Job. Auf der Rückseite der Gitarre findet sich, neben der Abdeckung für die Federkammer, das Batteriefach der integrierten DSP-Sektion. Mit vier Batterien der Größe AAA lässt sich die Gitarre laut Herstellerangaben bis zu 30 Stunden betreiben. Alternativ dazu ist aber auch die Befeuerung mit einem optionalen Netzteil möglich. Im "passiven" Betrieb arbeitet die Xguitar wie eine normale E-Gitarre.

Der Hals

Der einteilige, über vier Bolzenschrauben sicher mit dem Korpus verbundene Hals, besteht aus Ahorn. Das Palisander-Griffbrett (648mm Mensur) wird durch 22 sauber eingesetzte und abgerichtete Mediumjumbo Bünde unterteilt. Klassisch schlichte Dot-Inlays in Griffbrett und Sichtkante markieren die relevanten Lagen. Das gewählte Hals-Shaping ist relativ flach und liegt gut in der Hand. In Sachen Headstock-Design geht Alesis bei der X-Guitar eigene Wege. Na, nicht so ganz! Irgendwie ähnelt das Shaping der Kopfplatte einer Gibson Firebird- "in richtig rum" der auf der Mechanikseite ein schmissiger Einschnitt verpasst wurde. In Sachen Mechaniken setzt Alesis auf die geschlossene Variante. Die sechs Tuner arbeiten präzise und leichtgängig und sorgen so für einen stimmungsvollen Betrieb. Die Fräsung für die Halsstellschraube bleibt bei der X-Guitar unbedeckt.

Die Elektronik

Als klassischer Wolf im Schafspelz kommt die XGuitar in Sachen Elektronik natürlich nicht mit den üblichen Standards aus. Und so findet man, neben den eben schon erwähnten Reglern auf dem Schlagbrett, ein in den oberen Cutaway eingelassenes Bedien-Panel zur Kontrolle der integrierten DSP-Sektion. Womit wir beim Thema wären. Parallel zur Funktionsweise als normale E-Gitarre, bietet die XGuitar nämlich die Möglichkeit auf ein üppiges Angebot an Effekten zurückgreifen zu können. Dabei stehen klassische Vertretern der "Modulations-, und Ambience-Szene", sowie diverse Distortioneffekte und Cabinet-Simulationen zur Verfügung.

Die einzelnen Effektmodule werden in sieben logischen Signalketten verwaltet, die sich, je nach Anwendungsgebiet, frei anwählen lassen.

In der Basis-Konfiguration sieht die Abfolge so aus:

Die aus den einzelnen Effekten gebildeten Programme werden in sieben Bänken a´ 10 Presets zusammengefasst, die sich über die Up/Down Taster auf dem Panel, oder den entsprechenden Schalter auf dem Schlagbrett anwählen lassen. Insgesamt stehen also 70 Speicherplätze zur Verfügung, die von Werk ab mit vorgefertigten Factory-Sounds belegt sind. Spezielle User-Speicherplätze werden dabei nicht angeboten. Will man eigene Effektkreationen speichern, muss man also immer auch eines der Patches opfern. Aber keine Angst: Dank der zur Verfügung stehenden Restore-Funktion lässt sich der Ausgangszustand der DSP-Sektion jederzeit wieder herstellen. Die User-Sounds sind dann allerdings .....futsch.

Effekte im Detail

In der Basis-Konfiguration geht es mit dem Modul Compressor/Limiter los. Da sich die hier bereitgestellten Tools nicht zeitgleich betreiben lassen, muss man sich im Vorfeld für einen der beiden Dynamik-Effekte entscheiden. Das eigentliche Editieren gestaltet sich recht einfach: Durch das Drehen des Value-Reglers aktiviert man zunächst eine von neun möglichen Compressor-Voreinstellungen, gefolgt von neun Limiter Presets. Das jeweils aktive Setting wird im Display als Kürzel angezeigt (C0-C9, L0-L9). In der Einstellung "Of" wird das Modul komplett aus dem Signalweg entfernt. Möchte man den editierten Sound auf seinem Ursprungs-Speicherplatz speichern drückt man den Value Taster zweimal hintereinander und schon ist die Sache erledigt. Um den neuen Sound auf einem anderen Speicherplatz unterzubringen drückt man den multifunktionell ausgelegten Value-Taster zunächst einmal und sucht dann, durch entsprechendes Drehen, einen neuen Speicherplatz aus. Ein erneuter Druck archiviert den Sound. Die beschriebene Herangehensweise gilt übrigens für das Editieren aller angebotener Effekte.

Im Distortion-Modul werden die Zerr-Effekte der XGuitar verwaltet. Insgesamt stehen elf Varianten zur Auswahl. Die Anpassung der Zerrintensität (Gain) erfolgt im Drive-Modul. Mit einem angeschlossenen Expression-Pedal lässt sich der in 99 Schritten justierbare Parameter übrigens auch fern bedienen. Nächster Stop auf dem Weg durch die Instanzen ist die Abteilung Noise-Reduction. Neben einem Hum-Canceling Filter zur Unterdrückung von Brumm-Tendenzen im Tiefbass-Bereich, wartet hier ein in neun Stufen regelbares Noise-Gate auf seinen Einsatz. Genau wie alle Module lässt sich auch die Noise-Reduction Sektion auf Wunsch komplett aus dem Signalweg entfernen. Seinen Abschluss findet das gitarrenspezifische Angebot der XGuitar in der Abteilung Speaker-Simulation. Hier stehen drei Cabinet-Varianten zur Auswahl (1x12", 2x12", 4x10").

Die Sektion "FX1" ist die Heimstatt aller gängigen Modulations-Effekte (Mono). So findet man hier, neben Klassikern wie Chorus, Flanger und Phaser, auch Wah-Effekte, Temolo-, Rotary, einen Pitch-Shifter und einen Ring-Modulator. Wo es Sinn macht (z.B. beim Wah, Tremolo, Chorus etc. ) ist jeweils die separate Kontrolle über ein Expression-Pedal vorgesehen. Die Feinjustierung der FX1 Effekte erfolgt im Menü-Punkt PARAM. Stereo-Versionen der meisten in FX1 angebotenen Effekte findet man in der Sektion FX2. Da die XGuitar über einen Stereo-Output verfügt, hat man die Möglichkeit das Signal mit einem entsprechenden Y-Kabel auf zwei Verstärker (oder Kanäle im Mischpult) zu verteilen und so einen breiten, voluminösen Stereo-Sound zu genießen. Das gleiche funktioniert natürlich auch mit einem angeschlossenen Stereokopfhörer.

Die FX3 Abteilung bietet schließlich eine Auswahl der angesagtesten Ambience-Effekte. Neben diversen Varianten zum Thema Delay (Band-Echo, Ping-Pong, Stereo-Delay etc.), warten hier zahlreiche Reverb-Effekte auf Kundschaft. Kontrolliert werden die FX3 Effekte im nachfolgenden PARAM-Modul. Freunde trashiger Sounds kommen im letzten Modul DIGFX auf ihre Kosten. Durch die bewusste Reduzierung der Samplingrate oder der Bitzahl lassen sich eine Reihe ziemlich abgefahrener Effektvarianten kreieren. Ob man das Ganze im Endeffekt auch zum Einsatz bringt ist, wie so vieles im Leben, eine reine Frage des persönlichen Geschmacks.

Die Praxis

Bevor wir uns dem effektbefeuerten Test der XGuitar widmen, wollen wir zunächst einmal die klassischen Werte des Instruments unter die Lupe nehmen. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass die Gitarre mit einer UVP von 339,00 € in einem Preissegment operiert, dass schon ohne integrierte DSP-Sektion dem Budget-Bereich zuzuordnen ist. Trotzdem ist die Verarbeitung und Bespielbarkeit der Gitarre so gut , dass sie sowohl Anfängern, als auch fortgeschritteneren Spielern gute Dienste leisten kann. Und auch die "normalen", passiven Sounds des Instruments sind absolut im grünen Bereich. So liefert der verwendete Humbucker genügend Ausgangsleistung um, in Verbindung mit dem Distortion-Kanal eines "normalen" Gitarrenamps alle gängigen Rock-Stilistiken problemlos realisieren zu können. Und auch die beiden Singlecoils in Mittel-, und Neck-Positionen machen einen guten Job und versorgen mit knackigen "Einspuler-Zerrsound und klassischen Clean- Sounds. Das Nebengeräuschverhalten bleibt dabei im Rahmen der Bauform. Der "aktive" Test mit DSP Unterstützung, fand in Verbindung mit dem Clean-Kanal eines Crate GTX212 Amps statt. Zunächst haben wir einigen der Clean-Patches der XGuitar auf den Zahn gefühlt. Klar, Presets sind immer so eine Art Leistungsschau und entsprechend effektgeschwängert kommen viele der Werksprogramme auch daher. Aber gut, sei´s drum. Die Qualität der gelieferten Effekte geht auf jeden Fall in Ordnung und so ist es durchaus möglich der XGuitar cleane Sounds zu entlocken, mit denen man selbst in semiprofessionellen Produktionen einen ansprechenden Job abliefern kann. Dabei sind es gerade die Modulations-Effekte und das integrierte Wah, die Spaß machen (siehe auch PG Gear Check). Aber auch die Vertreter der Reverb-, und Delay-Abteilung können sich durchaus hören lassen. Die angebotenen Effektvarianten und Einstellmöglichkeiten reichen aus, um die Performance der DSP-Sektion problemlos auf die Ansprüche unterschiedlicher Anwendungsgebiete abzustimmen und so eigene, praxisorientiertere Presets zu schaffen . Dank des einfachen Handlings sind entsprechende Anpassungen schnell erledigt und abgespeichert. Kommen wir zum Angebot an Zerrsounds, einem sensiblen Gebiet also, das von Gitarristen per se mit einem gewissen Argwohn betrachtet wird. Im Vergleich zur Qualität der Modulations-, und Ambience Effekten lassen gerade die angebotenen HiGain Distortion-Sounds etwas zu wünschen übrig. Mit ein wenig Geschick beim Einstellen des EQs des verwendeten Amps, und der integrierten Effekten lassen sich aber auch in diesem Bereich einigermaßen brauchbare Ergebnisse erzielen. Anders sieht es im Crunch-, und Blues-Genre aus: Hier macht die XGuitar aus dem Stand einen guten Job (siehe PG Gear Check Audio)

Fazit

Als normale Gitarre beurteilt überzeugt die Alesis XGuitar mit einer ansprechenden Verarbeitung, einer guten Bespielbarkeit und durchweg brauchbaren "passiven" Sounds. Die integrierte DSP-Sektion bietet Einsteigern die Möglichkeit sich mit der Wirkung und Funktionsweise der angesagtesten Effektsounds auseinander zu setzen, ohne dabei ihr Budget über Gebühr zu strapazieren. Dabei reicht die Qualität der bereitgestellten Modulations-, und Ambience-Effekte vollkommen aus, um auch in Recording-Situationen gut aus zu sehen - gerade dann, wenn es um satte, voluminöse Clean-Sounds geht. Im Distortion-Bereich liegt die Stärke der XGuitar klar im Crunch. In Sachen HiGain-Sounds hingegen bedarf es schon eines gewissen Geschicks im Umgang mit dem EQ (des verwendeten Verstärkers), um befriedigende Ergebnisse erzielen zu können. Unterm Strich bietet Alesis mit der preiswerten XGuitar ein Instrument an, das Einsteigern den Weg ins "Business" erleichtern und fortgeschrittenen Spielern als All-In-One Sparringspartner gute Dienste leisten kann. Eben schnell den Kopfhörer eingestöpselt und einer flotten Trainingseinheit steht nichts mehr im Weg.

Specs

  • Modell: XGuitar
  • Typ: E-Gitarre mit integrierter DSP-Sektion
  • Hersteller:Alesis
  • Korpus: Erle
  • Hals: Ahorn
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22
  • Mensur: 648mm
  • Halsbreite: Sattel: 42mm 12.Bd.: 52mm
  • Hardware: Vintage Tremolo System, geschlossene Mechaniken
  • Pick-Ups: 2 x Single-Coil, 1 x Humbucker
  • Regler/Schalter Gitarre: 1x Volume, 5-Wege Pick-Up Selektor (Toggle Switch)
    Programm Up/Down; On/OFF
  • Regler/Schalter DSP Sektion: Programm Up/Down, Effekt-Wahlregler, Value-Regler
  • Ausgänge: 1 x Standard-Klinkenoutput (Stereo)
  • Eingänge: 1 x Expressionpedalanschluss-Buchse
  • Preis: (UVP) 339,00 Euro

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