Sentimentaler Muskelmann - Der Music
Man Stingray mit Piezo Bridge
von Oliver Poschmann
Ursprünglich war der Stingray Bass eine Kreation aus dem
Hause Leo Fender. Nach der Firmenübernahme durch Ernie Ball
hielt sich der SR wacker und baute tapfer seine Position auf dem
Bassmarkt aus. Dass der Bass in jedem größeren Tonstudio
zur Standardausrüstung gehört, spricht seit jeher für
sich. Populäre User wie Tony Levin (u.a. Peter Gabriel, King
Crimson...) oder Flea (Red Hot Chillie Peppers...) taten den Rest
und stellten auf höchster Ebene unter Beweis, was sich aus
diesen Bässen alles herausholen lässt.
Der getestete Music Man Stingray
4-String kommt in einem nature-finish, glanzlackierten Esche-Body
mit einem ovalen, sogenannten Shell Pickguard. Der Hals wurde aus
Ahorn gefertigt und mit einem 21-bündigen Rosenholzgriffbrett
bezogen. Alle Teile wurden sehr gut verarbeitet. Die Hardware besteht
aus MusicMan eigenen, offenen, grossen Mechaniken, die sehr weich
und präzise arbeiten. An der Kopfplatte befindet sich der traditionelle
Saitenniederhalter, der die A- und D-Saite fest in den Sattel drückt.
Durch die MusicMan-typische Anordnung der Mechaniken, bei der die
G-Mechanik auf der dem Boden zugewandten Seite der Kopfplatte angebracht
ist, wird für die G-Saite kein zusätzlicher Saitendruck
auf den Sattel benötigt. Zudem spart die Mechanikanordnung
Platz und auch Gewicht, eine Tatsache die lästiger Kopflastigkeit
erfolgreich entgegenwirken kann. Der Sattel ist aus Knochen gefertigt.
Der Hals wurde 6-fach verschraubt.
Auf der Korpusrückseite findet man das Batteriefach für
die 9V-Batterie, die der Versorgung der aktiven Elektronik des Stingray
dient. Das Fach ist mit einem modernen, ausfahrbaren Batteriekasten
ausgerüstet, der superschnelle und bedienerfreundliche Batteriewechsel
ermöglicht. Ein weiteres, recht kleines, verschraubtes Fach
enthält die Elektronik-Justierung für das integrierte
Piezo-Tonabnehmersystem.
Die Klinkenbuchse ist, im Gegensatz zu den 2-Band Modellen, an
der Korpusunterseite angebracht. Auf Grund der Beschaffenheit der
Klangregelung mit ihren fünf großzügig angeordneten
Potis wäre auf der Vorderseite auch kein Platz mehr für
eine Klinkenbuchse. Die Potis sind auf einer Chromplatte befestigt,
die gleichzeitig als Abdeckung für die Elektronik dient.
Der elektronische Kreislauf des Basses enthält drei essentielle
Elemente:
1) Der Standard MusicMan Humbucker-Tonabnehmer
2) In jedem Bridgereiterchen ein Piezotonabnehmer der Firma Fishman
3) Eine aktive 3-Band Klangregelung mit Überblendregler für
die Tonabnehmerwahl
Wenn du es ganz genau wissen willst, fahr doch mal im Bild hier
unten mit dem Cursor über die Potiknöpfe:
Der MusicMan Humbucker klingt erwartungsgemäß hervorragend
und hat jede Menge Muskeln. Wer jemals einen Stingray gespielt hat,
der weiß, wovon ich rede. Die Besonderheit liegt hierbei in
einer unter dem Pickup sitzenden Phantomspule, die sensationell
erfolgreich alle möglichen Brumm- und Zirplaute von umliegenden
Einstreuquellen wie Neonleuchten, Bildschirmen oder ähnlichem
unterdrückt. Die Klangregelung klingt auf den ersten Eindruck
anders, als bei den 2-Band-regulierten Stingrays, allerdings lässt
sich auch der legendäre 2-Band-Sound nach etwas Herumprobieren
durchaus herauskitzeln. Sehr positiv wirkt sich der Mittenregler
aus. Der Effekt, der bei der 2-Band Regelung oft dazu führt,
daß der Bass in bestimmten Playbacks verschwindet oder sich
nicht richtig durchsetzen kann, lässt sich bei dieser Variante
vollkommen problemlos beheben. Das wohl erstaunlichste am vorliegenden
Stingray sind aber die Variationsmöglichkeiten im Sound. Was
man hier mit nur einem Pick Up alles veranstalten kann, ist wahrlich
verblüffend. Der Bass kann von brav bis beißend alles
liefern, was das Herz begehrt.
Der wahre Gadget dieses Instrumentes ist aber das integrierte Fishman-Piezosystem.
Unter jedem Reiterböckchen der MusicMan-Bridge befindet sich
ein Piezotonabnehmerelement, welches die Schwingungen direkt abnimmt.
Das abgegriffene Signal lässt sich dann mit der aktiven Klangregelung
weiterbearbeiten. Die starken Anteil an Präsenzen und ein gewolltes
Mittenloch sorgen für einen stark an ein akustisches Instrument
erinnernden Grundklang. Das der Sound trotzdem sehr viel Punch hat,
zeigen die im PG Gear Check aufgeführten Soundbeispiele. Richtig
interessant wird das Ganze durch die Kombination der beiden Pickup-Systeme
mit Hilfe des stufenlosen Überblendreglers. Wer beispielsweise
mehr Fingergeräusche, bzw. mehr Anschlagspunch portionsweise
dazuaddieren möchte wird bestens bedient. Auch radikale Soundwechsel
sind hier innerhalb kürzester Zeit möglich.
Fazit: Keine Frage, der robuste
Stingray ist und bleibt Kult. Durch und durch ein Bühnen-
und Studio-Profi in Sound und Bespielbarkeit, bietet das zusätzlich
integrierte Piezosystem enormen Raum für Experimente und Inspiration.
Für alle Verfechter des Bold On Necks (geschraubten
Halses) eine Bestätigung, dass es auch einfach geht, wo andere
es gerne komplizierter haben.
Charakter: allround
Bespielbarkeit:sehr gut
Verarbeitung:sehr gut
Preis: 5770,- DM inkl. Case
Soundbeispiel-Infos: Für die Soundbeispiele
wurde zusätzlich ein programmierbarer SansAmp PSA-1 verwendet.
Bei dem extern downloadbaren Solobeispiel habe ich drei Bässe
übereinander aufgenommen. Auf dem linken Kanal zu hören
ist der Stingray mit Humbucker, auf dem Rechten Kanal eine
Kombination aus Humbucker plus Piezo.Zusätzlich gibt
es auf beiden Kanälen kurze Tiefbass-Einwürfe mit
dem Piezo-Pick-Up auf die Ohren. Alle Soundeinstellungen wurden
nur am Bass selbst vorgenommen, nicht am SansAmp. Hinweis:
Bei allen Test-Aufnahmen weisen wir darauf hin, daß
diese keine vollständige Repräsentation der Klang-
und Einsatzmöglichkeiten der getesteten Komponenten darstellen
sollen oder können. Ebenso unterliegen die Klangresultate
den Spielgewohnheiten und Soundvorstellungen der jeweiligen
Tester, sowie den technischen Möglichkeiten der jeweiligen
Testumgebung.
Copyright Notice: Sämtliche Urheberrechte der
hier zu hörenden Sound- und Musikbeispiele, sowohl für
Komposition, als auch für die Aufnahmen, liegen uneingeschränkt
bei Oliver Poschmann. Jegliche Verwendung außerhalb
der auf der Planet-Guitar angebotenen Nutzungsoberfläche
- privat wie kommerziell - ist genehmigungs- und lizenzpflichtig.
Unautorisierte Nutzung ist illegal und strafbar.