Bassanlage: Ernie Ball/Music Man Audiophile
Bass Systems
Topteil: HD 500 Boxen: HD 410 & HD 212
Ein Test von Oliver Poschmann
Auf dem Bass-Sektor hat sich Ernie Ball/Music Man weltweit einen
großen Namen gemacht. Die Anfang der 70er Jahre von Leo Fender
ins Leben gerufene Marke Music Man und vor allem der von ihm geschaffene
Kultbass Stingray, dürften mittlerweile wirklich jedem ein
Begriff sein. Ernie Ball führte die Music Man-Tradition nach
Firmenübernahme erfolgreich weiter und sorgte durch höchste
Standards in Sound, Qualität und nicht zuletzt auch durch eine
gesunde Mischung aus Innovation und Tradition, stets für eine
weltweite Wertschätzung seiner Produkte.
Das neuste Steckenpferd der Ernie Ball-Ingenieure ist die hier
vorgestellte Bassanlage Audiophile Bass System, bestehend
aus dem 500 Watt Top-Teil HD 500
und zwei Boxen (HD 410 und HD 212).
Das Erscheinungsbild der Anlage wirkt auf Anhieb imposant und wer
sich für den vollen Stack entscheidet, wird ein geeignetes
Transportfahrzeug benötigen. Aber das kennen Turmliebhaber
ja! Boxen und Topteil sind jedoch in diesem Fall - die Orthopäden
werden es danken - leichter als sie aussehen. So läßt
sich die Anlage auch durchaus ohne fremde Hilfe in ein Auto hieven.
Alle Komponenten der Anlage wurden optimal aufeinander abgestimmt.
Die Boxen sind mit 6" Mitteltönern ausgestattet, deren Regulierung
ein spezieller Tiefpassfilter-Poti (LVR) am Topteil übernimmt.
Die Komponenten im Einzelnen:
Das Topteil
Der HD 500 ist ein mit vielen Extras ausgestatteter Transistorverstärker
im 19" Rackformat (2 HE), der zusätzlich mit einer Vorstufenröhre
ausgestattet ist (ECC 83). Die Leistung an 4 Ohm beträgt 500
Watt (RMS) und sollte, in Verbindung mit adäquaten Lautsprechersystemen,
den meisten Bühnenanforderungen genügen können.
Die in Dunkelgrau und Silber gehaltene Front-Bedienoberfläche
ist optisch symmetrisch angelegt und in drei Sektionen unterteilt.
Links befinden sich direkt unterhalb des Gainreglers zwei Klinken-Instrumenteneingänge
(0dB für aktive und -10dB für passive Bässe). Daneben
findet man die optisch glanzvoll in Szene gesetzte, durch ein ovales
Fenster mit einer roten LED angestrahlte, Vorstufenröhre. Unterhalb
dieses Präsentationsfensters liegen drei verschiedenfarbigen
LEDs, die zur Anzeige des Eingangspegels und somit auch zur optischen
Unterstützung des Justierens des Gainreglers dienen. Es folgt
ein Poti zur Regelung des Ausgangspegels der auf der Rückseite
integrierten DI-Box. Dies ist ein sehr sinnvolles Feature, da es
in Live- und Studiosituationen immer wieder zu Anpassungsproblemen
mit dem Mischpult kommen kann. Zusätzlich sorgt ein Pre-/Post-Schalter
für die Option das DI-Signal vor oder hinter der Klangregelung
abzugreifen. Ein Mute-Schalter zum Stummschalten des Amps rundet
die Input-Sektion ab (auch per Fußschalter bedienbar). Dieser
Schalter läßt das Signal aus den Buchsen Tuner
out, Parallel Send und Return
und Seriell Send und Return
unbeeinflusst und greift im Schaltkreis direkt vor der Klangregelung
ein (und vor dem DI-Out).
Die zweite Sektion die Klangregelung besteht aus
zwei getrennten/identischen 4-Band-EQs plus einem Kanalwahlschalter.
Die EQs setzen bei den Frequenzpunkten 100, 400, 1250 und 12.500
Herz an und können diese Bereiche breitbandig bis zu 16dB anheben
und absenken. Die Regler arbeiten exponential, das heißt in
den ersten 2/3 des Regelweges arbeiten sie eher dezent, während
sie in dem letzten 1/3 sehr effektiv zupacken. Welcher der beiden
Kanäle zur Zeit aktiv ist wird von den daneben befindlichen
Dioden angezeigt. Sowohl ein On-Board-Schalter als auch der mitgelieferte
4-tastige Fußschalter bieten die Möglichkeit zur Kanalwahl
schnelle Soundwechsel garantiert.
Die dritte und letzte Sektion auf der Vorderseite behandelt das
Ausgangssignal. Hier findet man den sogenannten LVR-Regler, plus
korrespondierendem On/Off-Schalter. Dieser Regler bedient einen
variablen Tiefpassfilter, dessen Frequenzbereich so angelegt ist,
dass er in erster Linie auf die Klangstruktur der Mitteltöner
zugreift. Mit diesem Regler lassen sich sehr starke Höhen,
bzw. Präsenzen zuregeln. Bei Boxensystemen ohne Horn-, oder
Mitteltöner wirkt der Regler auf Grund der eingeschränkten
Speakerfrequenzen weniger hörbar. Es folgt, zum Schutz vor
Verzerrungen der Endstufe und Überlastung der Boxen, der Limiter
mit Wahlschalter für die Releasegeschwindigkeit des limitierten
Signals (max/min). Der Limiter setzt, auf Grund der Leistungsreserven
des Verstärkers, sehr hoch an und man braucht selbst
bei hohen Lautstärken keinen außerordentlichen
Dynamikverlust zu befürchten. Eine grüne LED zeigt den
Arbeitsbereich des Limiters an. Daneben befinden sich drei weitere
LEDs für die Funktionen Boost, EQ-Bypass und Alarm. Die Boost-Funktion
des Verstärkers ist nur per mitgeliefertem Fußtaster
abrufbar und addiert zum Sound kräftige Tiefmittenanteil und
Wärme, die Soundcharakteristik wird somit röhrenähnlicher.
Ein On-Board-Schalter für diese Funktion hätte nicht schaden
können, auch wenn der Fußschalter im Lieferumfang des
Amps enthalten ist. Das gleiche gilt auch für die Equalizer
Bypass-Funktion, mit der die Klangregelung umgangen und das unbearbeitete
Bass-Signal weitergeleitet wird.
Überraschung! Die beiden Bilder hier unten sind in
Wahrheit verwunschene Flash-Animationen. Fahr doch mal ein wenig
mit dem Cursor darüber um sie zum Leben zu erwecken.
Die Alarm LED wird dem Besitzer hoffentlich niemals warnend
aufleuchten, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass der Verstärker
entweder überlastet ist (zu heiß) und die Schutzschaltung
die Ausgänge vorübergehend abgeriegelt hat, oder dass
das Gerät schlicht und ergeifend einfach defekt ist.
Zwei Aluminiumgriffe an der Vorderseite sind die einzigen Tragehilfen
am Gerät und da man davon ausgehen kann, dass sich das Top
ohnehin in einem Rack befinden wird, ist das auch vollkommen ausreichend.
Kommen wir so zur Rückseite, die ebenfalls viele nette Features
bietet. So verfügt der HD 500 über zwei getrennte Mono-Einschleifwege
per Klinkenbuchsen ("seriell", z.B. für Kompressor, Exciter,
etc. und "parallel", z.B. für Delay, Chorus, etc.), einen Tuner
Out für ein Stimmgerät, ein Line Out und einen
symmetrierten (und regelbaren) XLR-DI-Out mit Ground-Lift
Schalter zur Verzückung jedes Live-Mischers. Darüber hinaus
besitzt der Amp jeweils 2 Boxenausgänge im Speakon- und Klinkenformat.
Der Verstärker wird permanent lüftergekühlt und ist
mit zwei Sicherungen abgesichert, die sich neben Netzschalter und
Euro-Netzbuchse befinden. Der mitgelieferte Fußschalter verfügt
über vier Taster mit den folgenden Funktionen: Mute, Boost,
EQ Bypass, Ch1/Ch2 (Kanalwechsel). Der Funktionsstatus jedes Tasters
wird mit Hilfe von vier korrespondierenden LEDs angezeigt.
Die Boxen
Beide Boxen sind aus 18mm dickem Birkensperrholz gefertigt.
Die Lautsprecher der HD 410
und der etwas kleineren HD 212
werden von massiven Metallblenden vor äußeren Einwirkungen
geschützt, die dank einer 10fachen Verschraubung nicht mitvibrieren.
Die Ecken werden von stabilen Kunststoffkappen geschützt, die
zum Stapeln der Boxen passgenau geformt sind und guten Halt bieten.
Die Boxen sind mit graufarbenem, strapazierfähigen Boxenteppich
bezogen. Beide Varianten verfügen über solide Griffe.
Bei der 212er sind sie ausklappbar, bei der 410er versenkt. Auf
der Rückseite finder man pro Box jeweils 2 Speakon-Buchsen
und eine Klinkenbuchse. Die HD 410 ist mit vier 10" Speakern plus
Mitteltöner bestückt, in der HD 212 toben zwei 12" Speaker
plus Mitteltöner. (Optional ist auch eine 2 x 10" Box mit Tweeter-Hochtöner
erhältlich). Beide Boxen haben eine Impedanz von 8 Ohm, das
heißt bei gleichzeitiger Nutzung in Parallelschaltung bieten
sie dem Verstärker bei 4 Ohm optimalen Leistungsbereich zur
Ausnutzung der zur Verfügung stehenden 500 Watt RMS.
Der Test
Die Anlage klingt mittenbetont. Auch wenn sich mit der Klangregelung
sehr viel anstellen läßt, bleibt dies der generelle Grundcharakter
der Audiophile-Komponenten. Eine Tatsache die insbesondere die Liebhaber
des härteren Genres sowie alle bluesorientierten Kollegen ansprechen
dürfte. Desweiteren eignet sich der Grundcharakter der Anlage
ganz hervorragend für Fretless-Bässe. Die zwei getrennt
schaltbaren Kanalsektionen erlauben problemlose Soundwechselmöglichkeiten.
Dazu kommt der hinzuschaltbare Boost, durch den die Wirkung der
Vorstufenröhre besonders effektiv hörbar wird. Um eine
ausreichende Leistung braucht man sich beim Audiophile Stack keine
Sorgen zu machen. Sie liefert Power bis zum Abwinken, ohne jemals
an Klarheit und Punch, vermissen zu lassen (Und das selbst im Boost-Modus).
Die integrierten D.I. Komponenten sind absolut studiotauglich, eine
Tatsache, die selbst für einen Amp dieser Kategorie nicht selbstverständlich
ist. Der LVR-Regler zur gezielten Ansteuerung der Mitteltöner
leistet gute Arbeit und so liefert die Anlage zuguterletzt auch
eine grandiose Portion an Höhen und Präsenzen.
Fazit
Eine sehr gute Allround-Bassanlage mit hervorragender Grundausstattung,
die nahezu allen Wünschen gerecht wird. Der Sound knüpft
an traditionelle Bassanlagen an und verbindet diesen Anspruch mit
zeitgemäßem Handling und speziellen Variationsmöglichkeiten
wie z.B. den im HD 500 integegrierten Onboard LVR-Regler, zum Bedienen
eines zusätzlichen Mitteltöners. Diverse Möglichkeiten
für schnelle Soundwechsel liefern die 2 getrennten Klangkanäle
und der Boostschalter. Die Soundgrundcharakteristik ist im Mittenbereich
angesiedelt. Trotz ihrer Größe haben die Boxen ein angenehmes
Gewicht. Alles in allem eine gute Anlage, die man getrost auf jeder
Bühne hinter sich stellen kann.
Soundbeispiel Infos Die Aufnahmen wurden mit einem Music Man Stingray Bass
(Ahorn Hals/2-Band EQ) gemacht. Simultan wurde jeweils ein DI-Signal
(hinter der Klangregelung abgegriffen) und ein Speakersignal per
Mikro abgenommen. Bei den mit den Fingern gespielten Beispielen
wurde die HD 212 abgemiked, bei den Slapbeispielen, kam die HD 410
zum Einsatz. Es wurden keine weiteren klangverändernden Elemente
eingesetzt.
Preise:
MM-HD 500 Topteil: DM 3110,00
MM-HD-410 Box: DM 2.870,00
MM-HD-212 Box: DM 2.515,00
MM-HD-210 Box: DM 1.915,00 (Alle Preise sind unverbindlche Preisempfehlungen)
HD 212: 2x 12" Speaker, 6" Mittentreiber, Gewicht 42 kg,
Impendanz 8 Ohm, Größe 24"(B) x 17,5"(H) x 18"(T), Anschlüsse 1
x Speakon und 1 x Klinke, Leistung 600W RMS.
Hinweis Bei allen Test-Aufnahmen weisen wir darauf hin, dass
diese keine vollständige Repräsentation der Klang- und
Einsatzmöglichkeiten der getesteten Komponenten darstellen
sollen oder können. Ebenso unterliegen die Klangresultate den
Spielgewohnheiten und Soundvorstellungen der jeweiligen Tester,
sowie den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Testumgebung.
Copyright Notice: Sämtliche Urheberrechte der
hier zu hörenden Sound- und Musikbeispiele, sowohl für
Komposition, als auch für die Aufnahmen, liegen uneingeschränkt
bei Oliver Poschmann. Jegliche Verwendung außerhalb
der auf der Planet-Guitar angebotenen Nutzungsoberfläche
- privat wie kommerziell - ist genehmigungs- und lizenzpflichtig.
Unautorisierte Nutzung ist illegal und strafbar.