Ibanez AT 300 - Andy Timmons Signature Modell

ein Test von Hansi Tietgen

In den späten 80ern durch seine Arbeit bei der Hardrock-Combo Danger Danger bekannt geworden, kann der technisch versierte Ausnahmegitarrist Andy Timmons mittlerweile bereits auf sieben Solo-Alben zurückblicken. Andys jüngstes Werk "That Was Then, This Is Now", erschien übrigens auf dem Favored Nations Label, dessen Besitzer Steve Vai ja kein Unbekannter im Hause Ibanez ist. Und auch Andy Timmons gehört seit vielen Jahren zur ersten Garde der Top Ibanez-Endorser. Mit der AT 300 hat sich der sympathische Musiker gerade erst eine reinrassige Signature Gitarre auf den Leib schneidern lassen. Wir haben die Klampfe auf der Messe in Frankfurt gesehen, gespielt und uns danach umgehend darum bemüht, das Teil zum Testen in die Finger zu kriegen. Es hat geklappt! Viel Spaß beim Lesen.


Wer seine Solo-Alben kennt der weiß, dass Andys Timmons ein technisch, wie musikalisch sehr kompletter Gitarrist ist. Auf gut deutsch: der Mann kann wirklich alles spielen und fühlt sich in absolut jeder Stilistik zu Hause. Entsprechend hoch ist auch der Anspruch, den der Allrounder an ein Instrument stellt. Und das gilt natürlich erst recht, wenn es sich dabei um seine Signature Gitarre handelt.

KKD Korpus, Konzept, Details

Die Formgebung des Korpus der AT 300 basiert auf dem zeitlos schönen Double-Cutaway Design der beliebten SA Serie. In Sachen Holz fiel Andys Wahl auf Mahagoni. Das, im Gitarrenbau bewährte Tonholz liefert eine volle, warme Basis und sorgt - im Paket mit einem entsprechenden Hals und den richtigen Tonabnehmern- für eine universelle Performance. Dank ihres ergonomischen Shapings und verrundeter Kanten, schmiegt sich die AT 300 sehr angenehm an und vermittelt aus dem Stand ein vertrautes Gefühl. Auch das Gewicht bleibt, trotz des verbauten Mahagonis, absolut im Rahmen. Das Antique Violin Finish der Gitarre ist perfekt ausgeführt und unterstreicht das zeitlos schöne Erscheinungsbild der neuen Axt an Andys Seite. Die drei Tonabnehmer aus DiMarzio Produktion finden in sauber ausgefrästen und versäuberten Aussparungen Platz. In der Hals-, und Mittel-Position kommt je ein DiMarzio Cruiser DP 187 Humbucker im Single-Coil Format zum Einsatz. Die Pick-Ups wurden ursprünglich für die Bridge-Position entwickelt und sind so ausgelegt, dass sie eine möglichst authentische Single-Coil Performance abliefern, ohne dabei lästige Einstreu-, und Brummgeräusche zu produzieren. Außerdem ist es DiMarzio gelungen, die magnetische Wirkung der PUs auf die Saiten, im Vergleich zu Single-Coils, um ca. 40 % zu reduzieren. Dadurch wird es möglich die Tonabnehmer wesentlich näher an den "Drähten" zu positioniert. Und das wirkt sich- wie man weiß- im allgemeinen sehr positiv auf die gelieferte Power aus. Die Bridge-Position nimmt ein, speziell für Andy (und Ibanez) im DiMarzio Werk ent(ge)wickelter Humbucker in Beschlag. Der kraftvolle "Magnetische" hört, wie soll es anders sein, auf den Namen AT 1. Geschaltet werden die drei Pick-Ups der AT 300 mit Hilfe eines 5-Wege Pick-Up Wahlschalter. Er stellt folgende Spulen-Kombinationen bereit:

1.Position- AT-1 Humbucker aktiv
2.Position - AT-1 Humbucker und DP 187 (Mid) aktiv
3.Position - DP 187 (Mid) aktiv
4. Position - Beide DP 187 aktiv
5.Position - Neck DP 187 aktiv

Den Rest der Arbeit erledigen zwei Volume-, und ein Tone-Regler.

Um eine optimale Stimmstabilität gewährleisten zu können, hat man der AT 300 ein Wilkinson/Gotoh VSVG Vintage Tremolo-System und Sperzel Locking-Mechaniken spendiert. Mit Hilfe von Bolzen innerhalb der Mechanik-Achsen, die mit Hilfe von Rändelschrauben bewegt werden können, lassen sich die Saiten effektiv, unauffällig und sicher festklemmen. In Verbindung mit einer guten Tremolo-Bridge, wie der VSVG, ergibt sich so ein sehr stimmstabiles System - auch wenn es mal richtig heiß her geht. Die Bridge wurde von Werk ab aufliegend eingestellt. Die Saitenreiter bestehen, genau wie bei alten Fender-Klampfen, aus gebogenem Blech. Das Konstruktionsdetail sorgt dafür, dass sich die Schwingungen der Saiten besser übertragen können, als das zum Beispiel bei massiven Reitern aus Guss der Fall wäre. Daraus resultiert wiederum eine schnellere Ansprache der gespielten Saite und ein Plus an Dynamik. In der Federkammer auf der Korpusrückseite halten drei Federn das System im Gleichgewicht. Die Kammer wird durch eine schwarze Kunststoff-Platte abgedeckt.

Der Hals

"The first thing you notice when you pick up the AT-300 is how great the neck feels - like an old friend"- so heißt es auf der Ibanez Website. Und tatsächlich liegt der naturbelassene, einteilige Ahornhals verdammt gut in der Hand. Mit 40,5mm am Sattel, ist er relativ schmal und dementsprechend komfortabel lässt sich das Teil auch "händeln". Das verwendete Halsprofil liegt irgendwo zwischen einem flachen und einem echten "D". Best Of Both Worlds heißt hier also die Devise. Der Hals ist flach genug, um eine Handhaltung zu unterstützen, in der auch HighTech Legato-Lines problemlos möglich sind. Trotzdem besitzt er genug "Fleisch" um sich aktiv an der Soundentwicklung der Gitarre zu beteiligen. Parallel dazu wirkt sich das Material-Plus natürlich auch positiv auf die Stabilität aus. In Sachen Mensur setzen Andy und die Ibanez-Designer auf 648mm. Das Pailsander-Griffbrett ist mit 22. Bünden im Jumbo-Format beschlagen. Aufwändige Signature-Inlays im Griffbrett und kleine Dots in der Sichtkante, sorgen für den nötigen "Lagendurchblick". Die Kopfplatte, im typischen Marken-Design, ist schwarz lackiert und wird von einem verchromten Ibanez-Logo verziert. Die sechs Sperzel Locking-Mechaniken wurden so auf dem Headstock angeordnet, dass sich ein vorbildlicher, paralleler Saitenverlauf ergibt. Und das hat natürlich alles andere als optische Gründe. Vielmehr verhindert der saubere Lauf das berüchtigte Verkanten der Saiten in den Sattelkerben (gerade bei Tremolo-Einsatz oder Bending) und minimiert so effektiv das Verstimm-Risiko. Und noch eine weitere Aufgabe fällt den Sperzel-Mechaniken zu. Der, für das Sustain und die Intonation entscheidende Anpressdruck der Saiten auf den Sattel, wird bei der AT 300 durch eine leicht nach hinten versetzte Kopfplatte, in Kombination mit unterschiedlich langen Mechanik-Achsen sicher gestellt (staggered, tiefe E =lang - hohe E=kurz). Der, durch die, sich von der tiefen, zur hohen E-Saite kontinuierlich verkürzenden Achsen entstehende Winkel, "zwingt" die Saiten sanft in die Kerben und sorgt so für einen optimalen Druck. Lediglich die hohe E-, und B-Saite wurden -so zusagen sicherheitshalber- mit einem zusätzlichen Saitenniedrighalter mit Rollmechanismus ausgestattet.

Die Praxis

Andy ist ein echter Allrounder. Demzufolge sollte auch seine Signature-Gitarre in wirklich allen Stilistiken eine gute Figur abgeben können. Nach der Papierform beurteilt, müsste das bei der AT 300 eigentlich hinhauen. Ein Mahagoni-Korpus für warme, sustainreiche Sounds, eine lange Mensur für den nötigen Twäng und speziell abgestimmte Tonabnehmer - das sieht schon sehr amtlich aus! Schauen wir uns jetzt einmal an ob Andys Gitarre in der Praxis hält, was ihre Eckdaten versprechen. Für die Verstärkung während des Tests, kamen ein Marshall TSL 100 und ein Vox Valvetronix AD 112 zum Einsatz. Abgenommen wurden die beiden Verstärker mit jeweils einem Sure SM 57 Mikro.

Los geht es mit dem AT-1 Humbucker im HiGain Betrieb. Der Pick-Up liefert einen satten, ausgewogenen Ton. Auch im krassen HiGain Betrieb bleibt die volle Transparenz erhalten. Das gilt übrigens- New Rocker wird es freuen- auch für den Einsatz in Verbindung mit Dropped Tunings. Selbst heftige Drop C Riffs bringt die Gitarre differenziert und "zielsicher" rüber. Aber das ist nicht alles, was die AT 300 zu bieten hat. Denn als "alter Solist" legt Andy Timmons natürlich besonderen Wert auf eine hervorragende Bespielbarkeit und ein sahniges Sustain. Und auch in dieser Hinsicht weiß die AT zu überzeugen. Die Klangeigenschaften des Bridge-Pickups sind perfekt auf das verbaute Mahagoni abgestimmt und so liefert die Gitarre, auch ohne die zusätzlichen Brillanzen einer Ahorn-Decke (* siehe unten), durchsetzungsstarke, superausgewogene Lead-Sounds. Das Hals-Shaping der AT-300 kann man als absolut gelungen bezeichnen. Alle gängigen Spieltechnik werden unterstützt (wenn man kann). HiSpeed Picker kommen bei der Gitarre genauso auf ihre Kosten, wie Legato-Heißsporne. Schauen wir uns jetzt einmal an, was die beiden Cruiser in der Mid-, und Neck-Position drauf haben. Wie in den Details schon erwähnt, handelt es sich bei den Pick-Ups um Humbucker im Single-Coil Format. Die beiden Spulen sind in diesem Fall also parallel nebeneinander angeordnet. Vorteil des Konzepts: Einstreu-, und Brumm-Geräusche, für die echte Einspuler nun mal bekannt sind, fallen bei den "virtuellen Single-Coils" weg. Häufig leider aber auch die typischen Klangeigenschaften. Mittlerweile ist es den diversen Herstellern von Replacement Pick-Ups aber gelungen, auch doppelspuligen Vertretern typische Single-Coil Eigenschaften anzutrainieren. Und genau zu dieser Generation gehören auch die DSP 187 Cruiser der AT-300. Für den Check bleiben wir zunächst einmal im Zerrmodus und wählen den Neck-Cruiser. In dieser "Konfiguration" liefert die Gitarre warme, sahnige Leadsounds im typischen Neck-Pickupstyle. Der DSP 187 besitzt genügen Durchzugskraft um auch ausgedehnte Legato-Lines problmelos mit zu machen. Freunde eines gepflegten Texas-Bluessounds werden die Kombination Neck/Mid-Pickup lieben. Durch das Zuschalten des "twängigeren" Mid-Pickups wird die Performance offener und brillanter und überzeugt mit echter Singlecoil-Attitude. Der Mid-Pickup im Soloflug kommt dann noch eine Spur criper und individueller rüber, bleibt aber nach wie vor sehr kraftvoll und dynamisch. Bleibt uns noch der Clean-Betrieb. Auch in dieser Disziplin zeigt die AT-300 Allrounder-Qualitäten. Egal ob jazzig voll (Neck), funky (Mid/Neck), oder countrymäßig drahtig (Bridge): die AT 300 hat alle gängigen Soundvorstellungen im Angebot.

Fazit

Mit der neuen AT-300 ist es Ibanez gelungen dem Allrounder Andys Timmons die optimale Gitarre an die Seite zu stellen. In Sachen Konzept, Materialwahl und Ausstattung konsequent auf Flexibiltät getrimmt, lassen sich mit dem zeitlos schönen, hervorragend verarbeiteten Instrument alle gängigen Stilistiken problemlos realisieren. Die Bespielbarkeit des, speziell für Andy "geshapten" Halses, ist sehr gut und ebnet den Weg für gnadenlose Shredding-Freuden. Einmal in die Hand genommen, möchte man gar nicht mehr aufhören die Gitarre zu bearbeiten. Features, wie das erstklassige Wilkinson VSVG Tremolo-System, die praktischen, präzise arbeitenden Sperzel-Locking Mechaniken und die speziell angepasste DiMarzio Pick-Up Armada unterstreichen den Status eines top-professionellen Instruments. Und das Beste: man muss nicht mal Andy Timmons heißen, um die Vorzüge der AT genießen zu können.

Specs

  • Modell: AT 300
  • Hersteller: Ibanez
  • Body: Mahagoni
  • Hals: Ahorn
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22, Jumbo
  • Mensur: 648 mm Halsbr. Sattel: 40,5 mm Halsbr. letz. Bd.: 56mm
  • Halsdicke 1.Bd: 21mm Halsdicke 12.Bd.: 23mm
  • Radius: 350
  • Mechaniken: Sperzel Locking Mechaniken
  • Bridge: Wilkinson VSVG Tremolo
  • Pick-Ups: 2x DiMarzio Cruiser, DP 187 Single-Spaced Humbuckers(Neck,Mid), 1x DiMarzio Customwound AT1 PU
  • Regler: 2x Volume, 1x Tone
  • Schalter: 5-Wege PU Wahlschalter
  • Finish: Antique Violin
  • Preis: 1880 Euro u.v.P.

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