Bevor ich mich gleich dem neuen Album des texanischen Progressiv
Rock Trios widme, möchte ich mich -höchst egoistisch-
schnell mal eben an ein äußerst positives Erlebnis erinnern,
das mir die Band um Gitarrenwunderknabe Ty Tabor vor gar nicht all
zu langer Zeit ganz unverhofft bescherte. Ich erinnere mich noch,
als wär es gestern gewesen: Da war diese ziemlich leidige Ausgabe
des Rockpalasts, in der sich einmal mehr Bands um Bands bemühten,
einem, wenn auch nur sehr kleinen, aber immerhin doch musikalischen
Anspruch hinterher zu jagen. Trotz allem - frustrierend war's und
irgendwie verdammt langweilig. Ob all dieser Belanglosigkeiten entschloß
ich mich, mein Heil in einem gepflegten Schläfchen zu suchen.
Gesagt, getan!
Doch
kurz bevor ich endgültig im Nirvana des R.E.M. Schlafs abtauchen
konnte, wurde ich jäh geweckt. Mein Unterbewußtsein hatte
sofort reagiert. Was meine recht schnell erwachenden Sinnesorgane
dann vernahmen, war unglaublich: Richtige Musiker machten richtige
Musik, konnten nicht nur ihre Instrumente auf das Hervorragenste
bedienen, sondern überzeugten auch noch durch Songs, die ihresgleichen
suchten. Keine abgekupferten Hooks und kein Kinderpunk Teil 223.
Binnen Sekunden war ich hellwach und genoß die einmalige und
unerwartete Performance von King's X, mußte aber mit Schrecken
und Verzücken gleichermaßen feststellen, wie ausgetrocknet
meine musikalischen Sinne doch waren. Ich fing an zu grübeln:
Wie lange war es jetzt wohl her gewesen, dass ich eine richtige
gute Band Live On Air erleben durfte?! Ich glaube viele, viele Monde.
Und jetzt flattert mir tatsächlich dieser Briefumschlag auf
den Schreibtisch- Inhalt: Das neue Album der Band, die mir auf eine
wundersame Weise den Glauben an die Musik wiedergegeben hat (Ein
wenig übertrieben?! Macht aber nichts: Das gehört schliesslich
zum Geschäft!)
Das Album trägt den -zugegebenermaßen bestens zu meinem
kleinen Intro passenden- Namen Manic Moonlight und überzeugt
einmal mehr durch die Attribute, die King's X schon seit vielen
Jahren auszeichnen und das Trio zu einem der intensivsten Akts des
internationalen Rock Zirkus werden ließ: Unbändige Grooves,
eigenständiges, oft eigenwilliges Songwriting, beatle-esque
Satzgesänge und die begnadete Gitarrenarbeit von Mastermind
Ty Tabor.
Schon der Opener Believe zeigt, wo es lang geht. Hier wird
gegrooved-aber richtig! Konsequent und souverän wie eh und
je verknüpft die Band Einflüsse aus R'N'B, Funk und Soul,
mit ebenso coolen wie authentisch gespielten Heavy Riffs und Power-Lines.
Kaum eine Rock-Band hat, ohne jemals wirklich ernsthaft dieser Stilrichtung
zugeordnet werden zu wollen, den Begriff Crossover besser definiert,
als das Trio aus Texas. Funkier denn je geht es in Vegetable
zur Sache. Bassmann Doug übernimmt mittlerweile nahezu alle
Leadgesangparts und drückt allen Songs mit seiner markanten
Stimme den Stempel auf. Aber keine Angst King's X Fans. Auch Manic
Moonlight strotzt nur so vor dem wahren Trademark der Band: Dem
fabulösen Satzgesang.
Neben roughen Funk und Rock-Sounds,sind es gerade die ruhigeren
Szenen, die die Band ausmachen. Mit einem traumwandlerischen Gespür
für DIE MELODIE bewegen sich Ty, Doug und Jerry durch Songs
wie False Alarm oder The Other Side und fazinieren durch
eine Kombination aus ausgecheckten Arrangements und spontan wirkenden
Energie-Entladungen.
Tracklist
Believe
(mp3, gekürzt auf 0:57 von www.tytabor.net)
Manic Moonlight
Yeah
False Alarm
Static
Skeptical Winds
The Other Side
(mp3, gekürzt auf 1:30 von www.tytabor.net)
Vegetable
(mp3, gekürzt auf 1:28 von www.tytabor.net)
Jenna
Water Ceremony
Fazit
King's X gehörten zu den innovativsten Rock-Bands der 90er
Jahre. Mit Alben wie "Faith, Hope, Love" oder "Gretchen
Goes To Nebraska" schrieben die drei Texaner Rock-Geschichte.
Ihr einzigartiger Mix aus brachialen Riffs, coolen Grooves und einem
prägenden Satzgesang begeisterte die Fans intelligenter Rock-Musik.
Doch trotz musikalischer Highlights am laufenden Band, blieb der
Band der große kommerzielle Erfolg verwehrt. Aber den Dreien
scheint das nichts auszumachen. Mit dem vorliegenden Werk Manic
Moonlight veröffentlicht das Trio bereits das dritte Album
auf einem Independent-Label. Und auch diesmal geht es wieder nur
um eins: Gute Musik!
Unbedingt reinhören!!! (HT)
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