Mission To Planet G- Papa Roachs
Jerry Horton
von Hansi Tietgen
Mit ihrem ersten Album Infest gelang
Papa Roach der große Wurf. Jetzt warten
die vier Insektenfreunde mit einem neuen Werk auf. Die Scheibe hört
auf den Namen lovehatetragedy und geht los
wie die Hölle. Im Rahmen eines Promotermins in Köln traf Hansi
Tietgen Jerry Horton, den Gitarristen der
Band und sprach mit ihm über die Entstehungsgeschichte des Albums,
seinen musikalischen Background und - natürlich - sein Equipment.
Video-Teaser Jerry Horton zum
Interview
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?Planet Guitar: Jerry, das letzte
Jahr war sehr erfolgreich für euch und dementsprechend viel Zeit
habt ihr sicher auch On The Road verbracht. Hat sich der Wandel
in den Lebensumständen in irgendeiner Art und Weise auf eure Songwriting-Gewohnheiten
ausgewirkt?
!Jerry Horton: Ja sicher. Um trotz
der Belastung möglichst effektiv arbeiten zu können, ließen
wir uns ein kleines, aber feines ProTools Besteck in den hinteren Teil
unseres Tour-Busses einbauen. Gerade Torben und Dave haben hier ziemlich
viel Zeit verbracht und so sind nahezu alle Song-Ideen, die aus ihrer
Feder stammen, in unserem Tourbus entstanden. Als wir dann wieder zuhause
waren, haben wir uns umgehend im Proberaum vergraben und damit angefangen,
dass gesammelte Material zu sichten bzw. Riffs und Arrangements die uns
gut gefielen im Bandgefüge anzutesten. Die Arbeitsweise hat sich
sehr bewährt, denn wir sind diesmal wirklich ziemlich schnell voran
gekommen. Beim ersten Album hatten wir "ein ganzes Leben" lang Zeit, um
die Songs zu schreiben. Für lovehatetragedy brauchten wir
nur anderthalb Jahre (lacht!).
?PG: Wie lange habt ihr euch dann
auf die nachfolgende Recording Session vorbereitet?
!JH:
Ungefähr einen Monat. Die eigentliche Session dauerte - lass mal
überlegen- vom ersten Aufnahmetag bis zum Mix 45 Tage. Auch eine
recht schnelle Angelegenheit.
?PG: Wie sah es mit deinen Parts
aus? Hast du alle Gitarrenarrangements im Vorfeld erstellt, oder gab es
die Möglichkeit auch im Studio noch Dinge anzutesten und zu ergänzen.
!JH: Die meisten Parts waren schon
vorher fertig. Trotzdem hatten wir genügend Freiraum, um auch während
der Sessions noch Dinge umschmeißen, oder verändern zu können.
Unser Produzenten Brendan O'Brien
(Pearl Jam, RATM) hat uns immer die Zeit und Ruhe gegeben, um entspannt
an Details feilen zu können. Es gab nie Stress!
?PG: Lass uns ruhig noch einen Moment
über Brendan sprechen. Welchen Stellenwert hatte seine Arbeit und
wie intensiv war seine Einflussnahme auf den Sound und die Performance
des Albums?
!JH: Brendan nahm den Job mit dem
Vorsatz an, uns auf keinen Fall in irgendeiner Form in ein Klischee pressen
zu wollen. Er hat zu jeder Zeit besonderen Wert darauf gelegt, dass wir
auf dem Album so natürlich wie eben möglich klingen und auf
diese Weise das beste aus uns herausgekitzelt. Und das gilt sowohl für
die handwerkliche, als auch die kreative Ebene. Aber das war noch nicht
alles. Bei den Songs die wir bereits im Vorfeld komplett durchstrukturiert
hatten, half er uns dabei, sie perfekt aufs Band zu kriegen. Bei einzelnen
Riff und Parts, die noch nicht in Form gebracht waren, nutzte er seine
ganze Erfahrung um uns Tipps zu geben welche der unabhängigen Einzelparts
seiner Meinung nach, miteinander kombiniert einen neuen Song ergeben könnten.
In solchen Fällen testeten wir seine Vorschläge an und meistens
behielt er recht: Es funktionierte! Coole Sache! Spätestens nach
solchen Aktion vertrauten wir seinem Gespür für Songs und Arrangements
blind, das kannst du mir glauben! Und die Zusammenarbeit mit Brendan brachte
noch einen weiteren Vorteil mit sich: Er und seine Crew hatten nämlich
auch die technische Seite des Recordings so perfekt im Griff, dass es
wirklich nie Leerlauf gab und wir uns voll auf unsere Arbeit konzentrieren
konnten. Auch das ist, wie man weiß, nicht immer so wenn man ins
Studio geht.
Beim ersten Album hatten wir "ein ganzes Leben"
lang Zeit, um die Songs zu schreiben. Für lovehatetragedy brauchten
wir insgesamt nur anderthalb Jahre (lacht!).
?PG: Weißt du wie ein Produzent
von Brendans Kaliber sich auf einen Job vorbereitet?
!JH:
Brendan hat sich im Vorfeld der Produktion einige unserer Shows angesehen.
Im Zuge der Besuche haben wir ihm regelmäßig unser aktuelles
Demomaterial vorgespielt. Wenn es sich nicht anders ergab, schickten wir
ihm aber auch neue Songs oder verbesserte Versionen schon bekannten Materials.
So war garantiert, dass er zu jeder Zeit gut über den Stand der Dinge
informiert war und konnte - wenn man so will- durch Lob oder Kritik aktiv
am Songwriting teilnehmen.
?PG: Habt ihr die Wirkung des neuen
Material auf das Publikum, während eurer Touren angetestet?
!JH: Nein, haben wir nicht. Wir wollten
vollkommen unvoreingenommen an die Sache herangehen.
?PG: Wo habt ihr aufgenommen?
!JH: Die eine Hälfte des Albums
in einem Studio in L.A., die andere im Southern Tracks in Atlanta.
?PG: Eine Frage, die sicher viele
Musiker interessieren dürfte: Habt ihr die Songs bzw. Trax in irgendeiner
Form digital nachbearbeitet?
!JH: Nein, Brendan ist mehr der Old
School Typ und hat uns die Nummern so lange spielen lassen, bis sie
perfekt im Kasten waren. Und das war auch für uns genau der richtige
Weg. Die Tatsache, das wir wussten, dass alle Parts eins zu eins übernommen
werden würden, heizte uns richtig an und so waren wir zu jeder Zeit
voll konzentriert und gaben bis zum Schluss unser Bestes.
Brendan (O'Brien) nahm den Job mit dem Vorsatz
an, uns auf keinen Fall in irgendeiner Form in ein Klischee pressen zu
wollen. Er hat zu jeder Zeit besonderen Wert darauf gelegt, dass wir auf
dem Album so natürlich wie eben möglich klingen.
?PG: Sprechen wir einen Augenblick
über dich als Gitarristen. Wie bist du überhaupt zum Gitarrespielen
gekommen?
!JH:
Es war die Musik von Metallica, die mich dazu brachte, mich intensiver
mit der Gitarre zu beschäftigen. Als ich dann anfing in Bands zu
spielen öffnete sich mein musikalischer Horizont und ich fing an
mich auch für andere Stilistiken zu interessieren. Punk-Rock war
zu dieser Zeit ein großes Thema für mich. Später kamen
dann aber auch Bands wie die Chili Peppers dazu.
?PG: Wie hast du geübt?
!JH: Ich habe hauptsächlich
versucht meine Lieblingssongs nachzuspielen. Songbooks waren mir dabei
eine sehr große Hilfe. Auf diese Weise habe ich mir die wichtigsten
Techniken und Chords angeeignet. Meine "Häng in meinem Zimmer rum
und spiel Gitarre" Phase dauerte zirka drei Jahre. Dann fand ich mich
fit genug um mich darum zu kümmern, auch in Bands zu spielen.
?PG: Du arbeitest sehr häufig
mit Dropped D Tuning. Kannst du dich noch an den ersten Song erinnern,
in dem du mit dieser Tuning Variante konfrontiert wurdest.
!JH: Hey, da muss ich richtig überlegen.
Ich glaube es war eine Nummer von Helmet. Ganz sicher bin ich mir
aber ehrlich gesagt nicht.
?PG: Wie hast du den Umgang mit dem
Tuning trainiert?
!JH: Zunächst habe ich mir etliche
Songs draufgezogen, die mit Drop D Tuning arbeiteten. So hatte ich die
Chance, mich mit den diversen Möglichkeiten die die Stimmung bietet,
näher vertraut zu machen. Später habe ich dann damit angefangen,
auch eigene Riffs und Songs in Drop D zu schmieden. So wurde der Umgang
mit dem Tuning für mich mehr und mehr zur natürlichsten Sache
der Welt. Heutzutage mache ich mir gar keine Gedanken mehr darüber.
Es ist eben so, wie es ist.
?PG: Eure Musik lebt von phatten
Gitarrensounds. Welches Equipment hast du am Start und gibt es irgendwelche
Tipps, wie du deinen druckvollen Gitarrensound im Studio aufs Band bekommst?
!JH: Bei unserem letzten Album
hatten wir keine Möglichkeiten, unser eigenes Equipment mit ins Studio
zu nehmen. Der Produzent schrieb uns vor, welche Amps und Cabinets zum
Einsatz kommen durften. Wir hatten damals keine Erfahrung und nahmen es
einfach so hin. Diesmal war es etwas anders. Zu Beginn der Session habe
ich zwar wieder diverse Amps und Boxen Kombination angetestet, war aber
mit den Sound absolut nicht zufrieden. Also ging ich zu Brendan und sagte
ihm, dass ich lieber mein Live-Rig verwenden würde. Er willigte sofort
ein und nachdem wir die ersten Trax aufgenommen hatten, wußten wir
beide, dass die Entscheidung absolut richtig war. Ich habe zwar später
auch noch einige Overdubs mit Vintage Amps gemacht, die Zusatz-Trax waren
aber ausschließlich dazu da, dem Sound ein Plus an Räumlichkeit
und Brillanz zu geben. Und das ist sicher schon ein guter Tipp. Denn es
ist wirklich sehr erstaunlich wie positiv sich eine, mit einem anderen
Amp gedoppelte Spur, auf die Gesamtperformance eines Songs auswirkt. Wir
haben zu diesem Zweck meistens Sounds mit weniger Distortion verwendet,
weil diese sich besser mit der Brachial-Bedienung meines Racks mischten.
?PG: Welche Komponenten hast du im
Angebot?
!JH: Als Preamp kommt ein Marshall
JMP-1 zum Einsatz. Für die nötige Power sorgen jeweils eine
Röhren- und eine Solid State Endstufe. Mit ihnen betreibe ich zwei
unterschiedliche Cabinets. Ein Marshall 1960 Vintage mit 30 Watt und ein
Marshall 900 Lead mit 75 Watt Speakern. Früher habe ich nur die Box
mit den Vintage Speakern verwendet. Auf der Support-Tour für Korn
vor zwei Jahren bekam ich einige Probleme damit, druckvolle Bässe
richtig "in die Luft zu kriegen". Die Vintage-Box klangt zwar sehr gut
und lieferte einen brillanten, transparenten Sound, im Low End Bereich
war die Performance aber ein bißchen mager. So bekam ich den Tipp
parallel mit zwei unterschiedlichen Boxen-Typen zu arbeiten. In meinem
aktuellen SetUp sorgt die Marshall 900er mit 75 Watt Lautsprechern, jetzt
für den nötigen Druck im Bass-Bereich. Die beiden Cabinets ergänzen
sich perfekt und ich bin mit meinem Equipment total zufrieden. In Sachen
Effekten setzte ich ausschließlich auf Bodentreter.
?PG: Du hast gerade erzählt,
dass du verschiedene Vintage Amps und Boxen angetestet hat. Leiht ihr
euch solches Zusatz-Equipment, oder gehört eine gewissen Ausstattung
an gängigen Gerätschaften zur Basis-Ausstattung der Studios?
!JH:
Wir haben Sachen gemietet. In L.A. gibt es eine Firma, die sich auf solche
Fälle spezialisiert hat. Sie gehört einem Typen namens Andy
Brauer. Da kriegt man wirklich alles- selbst abgefahrenes Zeug. In Sachen
Gitarren brauchten wir uns allerdings um nichts zu kümmern. Brendan
hat eine umfangreiche Sammlung und so konnten wir aus dem Vollen schöpfen.
?PG: Welche Gitarren waren das?
!JH: Als Hauptgitarre kam meine alte
U.S. Sunburst Scheckter zum Einsatz. Die Gitarre klingt richtig fett und
ist mit Seymour Duncan PickUps bestückt. Dann habe ich noch eine
von Brendans Gibson SGs und eine 56er Les Paul gespielt.
?PG: Ist die Scheckter bereits ein
Signature Model?
!JH: Nein, diese Gitarre nicht. Meine
Signature Scheckter benutzte ich hauptsächlich live. Aus irgendwelchen
unerfindlichen Gründen klingt gerade meine alte Scheckter von der
Stange im Studio besonders gut und so ist sie bei allen Aufnahme-Sessions
meine erste Wahl!
?PG: Okay Jerry. Vielen Dank für
die coolen Infos und viel Erfolg für euer neues Album und die Tour.
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