?PG: Matthias, in deiner Bio sprichst du über die Problematik vom „Musik machen“ leben zu können. Hast du eine „bürgerliche Ausbildung“ genossen“ oder die Entscheidung Profi zu werden, schon in deiner Jugend getroffen?
!Matthias Richter: Der Wunsch kam kurz nach meinem 13. Geburtstag auf, zu dem ich meinen ersten Bass bekam. Ich hatte davor aber auch schon Flöten-und Klavierunterricht. Dann kam eben besagter Geburtstag, mit ihm die erste Bandprobe, und ab da war eigentlich alles klar. Ich habe dann, nach Abitur und Zivildienst, ein Jahr überbrückt und anschließend 2 Jahre an der Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl Musik studiert. Andere Ausbildungen hab ich nicht ganz oder gar nicht eben!
?PG: Ändert sich die Einstellung zur Musik wenn man von ihr Leben muss?
?MR: Ich finde schon. Was früher reiner Spaß, Hobby und einfach nur cool war, ist halt heute für meine Existenz verantwortlich und muss irgendwie immer funktionieren. Da nimmt der Druck schon zu. Mittlerweile kann ich aber gut damit umgehen. Ich kenne aber schon auch etliche schlaflose Nächte.
?PG: Wie bist du eigentlich an den Job bei Schandmaul gekommen?
?MR: Ich spielte damals Bass in einer Funkband, in der vor meiner Zeit auch Stefan (Schandmaul Drummer) einmal an den Drums gesessen hatte. So wurden die Kontakte geknüpft. Schließlich bin ich dann im Herbst 2002 erst mal für eine Tour bei Schandmaul eingesprungen. Nach ca. einem halben Jahr, in dem wir auch schon zusammen die erste Live- CD/DVD eingespielt hatten, wurde ich dann offiziell festes Bandmitglied.
?PG: Hast du dich im Vorfeld für mittelalterliche Musik interessiert? Bass ist da ja nicht gerade ein großes Thema?
?MR: Überhaupt nicht, ich hätte nie gedacht, dass es so etwas überhaupt gibt. Zum Bass, da hast du recht. Allerdings habe ich mir meinen Platz über die Jahre schon erkämpft. Abgesehen davon finde ich auch nicht, dass wir eine typische authentische Mittelalterband sind. Ich würde uns eher als Folk-Rockband bezeichnen, auch wenn wir natürlich auch zu Recht in dieser Mittelalterschiene verankert sind. Das bleibt nicht aus, wenn man mit Flöten, Geige, Drehleier und Dudelsack um die Ecke kommt und die Texte oft märchenhaften Inhalt haben.
?PG: Wie hat dich die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Stilistiken geprägt?
?MR: Das ist auf jeden Fall sehr spannend und inspirierend. Im Allgemeinen bin ich ohnehin nicht auf eine bestimmte Musikrichtung fixiert. Davon halte ich nichts. Musik ist einfach zu Großartig und vielschichtig. Da sollte man offen sein. Unterm Strich kann man immer nur dazulernen.Egal was man spielt. Durch Schandmaul bin ich aber natürlich schon wieder ein Stück weit zum Rocker zurückmutiert. Das musste so passieren, denn viel Zeit für andere Projekte bleibt ja neben der Band nicht mehr.
?PG: Du spielst einen Genz Benz GBE1200 Amp und eine 6x10 Box aus der XB2 Serie. Was schätzt du an diesem Setup besonders?
?MR: Ich war ab dem ersten Ton, den ich reinzupfte, total begeistert. Der Sound ist wirklich großartig. Außerdem ist das Equipment sehr robust und absolut roadtauglich. Das ist natürlich auch sehr wichtig. Gut, wenn ich jetzt selber immer alles schleppen müsste, hätte ich wahrscheinlich ein entsprechend kleineres Besteck und nicht das Flaggschiff der GBE Serie und eine 6x10er Box. Aber so bin ich voll zufrieden, und freu' mich jedes Mal, wenn ich den Druck spüre. Der Amp hat einfach einen guten Ton, der sich durchsetzt dabei aber niemanden zumatscht. Das weiß ich sehr zu schätzen. Wir Bassisten haben es da ja nicht immer so leicht, wenn es darum geht, die eigene gewünschte Bühnenlautstärke mit den Bedürfnissen der lieben Mitmusikanten zu vereinbaren.
?PG: Wie beurteilst du selber die Rolle des Bass in aktueller Musik?
?MR: Bass ist auf jeden Fall ein zentrales Element in der gesamten Popularmusik; wenn nicht sogar überall. Okay, bei Duos wie z.B. Tuck & Patti gibt es keinen Bass. Aber sobald Schlagzeug dabei ist, kommt man um den Bass in meinen Augen nicht herum. Ich sehe den Bass als wichtigstes Bindeglied zwischen reiner Percussion und allem was sonst so Töne machen kann. Es gibt doch kaum Songs ohne Bass. Ich finde, das sagt schon alles. Bass ist aus der Musik nicht wegzudenken, obwohl es den E-Bass, wie wir ihn heute kennen, ja erst seit ca. 50 Jahren gibt. Und überhaupt…es lebe der „Bassismuss“.
?PG: Interessierst du dich für Bass-Virtuosen wie Stu Hamm, Tony Levin etc?
?MR: Klar umfasst meine CD-Sammlung etliche Referenzscheiben von Jaco Pastorious, Marcus Miller, über Ron Carter bis zu Victor Bailey und Co. Ich finde das alles faszinierend, auch wenn zwischen denen und mir Galaxien liegen. Ich sehe mich selber eher als Bandplayer, und fahre lieber ganz genüsslich auf Tour, ohne jeden Tag 12 Stunden üben zu müssen, um meine Technik aufrecht zu erhalten. Aber es ist toll, zu sehen, was alles machbar ist.
?PG: Wer sind deine ganz persönlichen Vorbilder?
?MR: Wenn überhaupt Flea von den Red Hot Chili Peppers. Die Chili Peppers sind eh ganz klar meine Lieblingsband. Ansonsten habe ich keine direkten Vorbilder. Ich mag Musik, die mich emotional berührt. Das kann der Kontabassist Renaud Garcia-Fons genauso sein, wie Les Claypool von Primus. Ein anderer Lieblingsmusiker von mir ist Nils Landgren. Ich hör aber auch genauso gerne Bands wie Rammstein, Audioslave, System of a down, oder einfach eine alte Miles Davis Scheibe. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es besser ist, keine Vorbilder zu haben. Okay, man kann ja Leute bewundern, aber damit alleine findest du nicht deinen eigenen Style. Und einen eigenen Stil zu haben, ist doch immer besser, als der schlechte Versuch zu kopieren.
?PG: Hattest du Unterricht oder bist du Autodidakt?
?MR: Ich hatte bis nach meinem Studium eigentlich durchgehend Lehrer. Da bin ich auch sehr froh drum, auch wenn Eigeninitiative sicher das wichtigste ist.
?PG: Schandmaul ist ja ziemlich gut im Geschäft. Wie sieht es bei dir mit Sideprojekten aus?
?MR: Nun wir Jungs von der Band haben mit einem befreundeten Pianisten zusammen noch ein Nebenprojekt namens WETO. Das ganze ist ein wenig härter als Schandmaul Sonst habe ich letztes Jahr auf der Solo-Platte unserer Geigerin Anna mitgespielt, und betreibe gemeinsam mit Freunden eine eigene Musikschule in den Gemäuern meiner ersten Band. Für diesen Raum habe ich schon seit ca. 13 Jahren einen eigenen Schlüssel - und ich gebe ihn auch nie mehr her. Neben der Musikschule, habe ich innerhalb des Gebäudes gemeinsam mit einem meiner besten Freunde ein kleines Studio. Das ist meine Oase, und der Platz in meinem Leben an dem ich irgendwie am meisten hänge.
?PG: Welche Pläne hast du?
?MR: Noch viele Schandmauljahre. Irgendwann möchte ich aber auch noch eine Platte mit den Jungs meiner alten Band aufnehmen. Außerdem würde ich gerne andere Bands produzieren, und so weiter. Ich bin ja erst 27 und hab' schon noch verdammt viele Ziele und Träume. Momentan hat Schandmaul aber natürlich oberste Priorität. Wir verstehen uns einfach viel zu gut, und haben noch nicht das Gefühl am Zenit zu stehen.
?PG: Wie seit ihr eigentlich auf den doch recht ungewöhnlichen Bandnamen Schandmaul gekommen?
?MR: Der Grundgedanke war auszudrücken, dass man kein Blatt vor den Mund nehmen muss, sagen kann was man will - eben so in der Art. Dabei fiel dann mal in der Runde das Wort Schandmaul, und dabei ist es dann geblieben.
?PG: Welche Musik hörst du aktuell?
?MR: Die neue Linkin Park finde ich super, viel Audioslave, RHCP, und ganz aktuell am häufigsten den ersten Teil der Vorproduktion unserer neuen Platte. Ab Oktober sind wir dann wieder im Studio, um die Recordings abzuschließen.
?PG: Matthias, vielen Dank für das ausführliche Interview und viel Erfolg bei euren Studio-Sessions.
www.schandmaul.de
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