von Hansi Tietgen Gerade im Sommer(?!?) hat man ja meistens wenig Lust, sich in seinem Zimmer einzuschließen, um sich dem Studium der minutenlangen Soloergüsse seiner Gitarrenidole hinzugeben. Das muß auch nicht sein. Als treuer Begleiter in allen Lebenslagen, haben wir einen ganz speziellen Tipp auf Lager, der nicht nur Zeit spart, sondern auch die Kreativität anregt und so zu außergewöhnlichen praktischen Erfolgserlebnissen führen kann. Was will man mehr?! Im Falle unseres aktuellen Licks der Woche habe ich mich ein wenig als Lickhunter betätigt. Unter dem Begriff Lickhunting versteht man im allgemeinen das hemmungslose Ausschlachten fremder Soli zum Zwecke der eigenen kreativen Bereicherung. Hört sich martialisch an?! Keine Sorge, ist es aber nicht. Ich versorge dich mal schnell mit den entsprechenden Background Infos: In der Zeit, in der wir den Steve Lukather Workshop vorbereitet haben, sind mir in Lukes Solo zu Broken Machine einige ziemlich interessante Lagenwechsel innerhalb der dorischen Tonleiter aufgefallen. Mein Jagdinstinkt sprach an und ich habe versucht, einige der verwendeten Spielprinzipien zu isolieren, um sie dann in einem anderen musikalischen Zusammenhang zu reanimieren. Ein typischer Fall von Lickhunting: Man lernt also kein komplettes Solo, sondern scannt das gute Stück vielmehr auf besonders interessante Passagen. Hat man ein auffälliges Lick gefunden, lernt man es auswendig und kann es so, ob seiner kompakten Form, viel besser in sein eigenes Spiel integrieren. Denn eines mußt du wissen: Das Lernen eines Solos ist eigentlich nicht mehr als eine Technikübung, eine Art Etüde. Wesentlich effektiver wird die Sache, wenn man in der Lage ist, kurze Licks, denen auffällige Spielprinzipien zugrunde liegen, zu erkennen und diese dann in sein Spielrepertoire zu integrieren. Kurze Licks lassen sich nämlich wesentlich einfacher in das eigene Solokonzept einbinden und stellen so umgehend eine Bereicherung der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten dar. Ich zeige dir das mal anhand des eben schon erwähnten Lukather Solos. Diese Passage weckte meine Begehrlichkeit: Steve verwendet hier die F dorische Tonleiter (Eb Dur) und peppt sie, mit dem Einsatz des Zusatztons gr.9 (im Notentext blau markiert), soundmäßig weiter auf. Besonders interessant fand ich hierbei den Lagenwechsel, der ihn aus der 8.Lage auf direktem Wege in die 13. Position führt. Steves Slidingaktion endet wiederum in einer gr.9, eine Tatsache die dem Slide einen ganz besonderen Kick verleiht. Und jetzt kommt's: Lickhunting ist angesagt. Hör dir mal das folgende Beispiel an:
Na, erkennst du das Spielprinzip?! Klar, ich habe schon einige Veränderungen vorgenommen. Zunächst musste die Ursprungs-Tonart dran glauben. Meine Wahl fiel auf die D-dorische Skala. Zusätzlich zur Veränderung der Tonart habe ich das Ganze dann noch rhythmisch umgebaut. Die ursprünglich triolisch angelegte Linie wurde gnadenlos in 16tel umgewandelt, eine Tatsache die dem Lick ein komplett anderes Flair gibt. Zu guter Letzt wurde auch noch der Stil des Begleit-Tracks komplett umgekrämpelt. Die verspielte Atmosphäre der Originalversion, mußte einem rockigen Backing-Track weichen. So modifiziert entsteht ein völlig neuer Lick, der seine Wurzeln dennoch nicht verleugnen kann. Teste das eben beschriebene Prinzip doch auch selber mal an. Die Skalen die ich verwendet habe, sehen folgendermaßen aus: Okay, jetzt ist es an der Zeit, dass du dich auch selber mal als Jäger und Sammler betätigst. Schnapp dir deine Songbooks und Transkriptionen und laß dich inspirieren. Ich verabschiede mich derweil und sage: Tschüß, Adieu und Servus Hansi Tietgen
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